Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Abrechnungsprüfung. sachlich-rechnerische Berichtigung einer Abrechnungssammelerklärung. Leistungserbringung durch mehrere Ärzte. postoperativer Überwachungskomplex. Inhalt der vorgeschriebenen Abrechnungsvereinbarung. Nichtzustandekommen. Hinweispflicht des die Leistung erbringenden Arztes. Vermeidung von Doppelabrechnungen

 

Leitsatz (amtlich)

Die EBM-konforme Abrechnung von Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes (Abschnitte 31.3 bzw 36.3 EBM) (juris: EBM-Ä 2008) setzt auch die Einhaltung der (allgemeinen) Abrechnungsbestimmungen in den Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM voraus. Die dort (in Nr 1) bei Leistungserbringung durch mehrere Ärzte (typischerweise Operateur und Anästhesist) vorgeschriebene Abrechnungsvereinbarung muss festlegen, wer im Außenverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung die Leistungen abrechnet (obligatorischer Inhalt); im Innenverhältnis der Ärzte zueinander kann die Abrechnungsvereinbarung (bspw) Ausgleichszahlungen festlegen (fakultativer Inhalt). Kommt eine Abrechnungsvereinbarung nicht zustande, darf nur der die Leistung (tatsächlich) erbringende Arzt abrechnen; er muss in der Abrechnungssammelerklärung auf das Fehlen der Abrechnungsvereinbarung hinweisen, damit die Kassenärztliche Vereinigung ggf Vorsorge gegen Doppelabrechnungen treffen kann.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.10.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.509,70 € endgültig festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten (noch) über eine im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigung verfügte Honorarrückforderung für die Quartale 1/2007 bis 4/2008 i.H.v. 1.509,70 €.

Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie; er ist mit Sitz in W. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Kläger war während der streitigen Zeit außerdem Belegarzt an der C. Klinik W. (einer Privatklinik) und hat dort (ambulante bzw. belegärztliche) Operationen unter Mitwirkung des Anästhesisten Dr. B.-J. durchgeführt.

Mit Honorarbescheiden vom 12.07.2007, 11.10.2007, 14.01.2008, 11.04.2008, 14.07.2008, 15.10.2008, 15.01.2009 und 15.04.2009 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für die Quartale 1/2007 bis 4/2008 fest. Festgesetzt wurde u.a. Honorar für im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit erbrachte Leistungen der Abschnitte 31.3 bzw. 36.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM). Diese Abschnitte des EBM haben Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes nach ambulanten bzw. belegärztlichen Operationen (Abschnitte 31.2 bzw. 36.2 EBM) zum Gegenstand. Hierzu enthalten die Präambeln 31.3.1 bzw. 36.3.1 EBM folgende Abrechnungsbestimmungen:

1. Haben an der Erbringung der Leistungen des Abschnitts 31.2 bzw. 36.2, die nachfolgend eine Überwachung entsprechend Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.3 bzw. 36.3 erforderlich machen oder an der Überwachung selbst mehrere Ärzte mitgewirkt, hat der die Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts abrechnende Arzt in einer der Quartalsabrechnung beizufügenden und von ihm unterzeichneten Erklärung zu bestätigen, dass er mit den anderen Ärzten eine Vereinbarung darüber getroffen hat, wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese Gebührenordnungspositionen berechnet.

...

3. Die Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts sind nur einmalig im unmittelbaren Anschluss an die Erbringung einer Leistung des Abschnitts 31.2 bzw. 36.2 abrechenbar.

...

Die vom Kläger zur Honorarabrechnung der (streitigen) Quartale 1/2007 bis 4/2008 abgegebenen und unterzeichneten Abrechnungssammelerklärungen enthalten (unter Nr. 9) folgenden Aufdruck:

Erklärung zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen, die entsprechend EBM eine Erklärung oder Vereinbarung mit ggf. an diesen Leistungen beteiligten Ärzten vorsehen

Ich (Quartal 1/2007: ich/wir) erkläre(n), dass an der Erbringung von Leistungen, die beim Zusammenwirken mehrerer Ärzte eine Erklärung oder Vereinbarung über die alleinige Abrechnung vorsehen, nur ich (Quartal 1/2007: ich/wir) alleine in den jeweiligen Fällen die Leistungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg abrechne(n).

Die vom Kläger zur Honorarabrechnung der (nicht mehr streitigen) Quartale 1/2006 bis 4/2006 abgegebenen Abrechnungssammelerklärungen enthalten (unter Nr. 6) folgenden Aufdruck:

Sofern an der Erbringung der berechneten Leistungen nach den Nrn. 01510 bis 01531 EBM (Ambulante praxisklinische Betreuung und Nachsorge), 01910 EBM (Beobachtung und Betreuung nach Schwangerschaftsabbruch), 31501 bis 31507 EBM (Postoperative Überwachung) und 31601 bis 31731 EBM (Postoperative Behandlung) außer dem Unterzeichner weitere Ärzte mitgewirkt haben, bestätigt der Unterzeichner ausdrücklich, dass mit allen mitwirkenden Ärzten eine Vereinbarung getroffen wurde, wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese Leistungen abrechnet.

Mit Schreib...

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