Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistungen. unbefristete Bewilligung von Grundleistungen. anschließende Feststellung einer Anspruchseinschränkung. Erforderlichkeit einer Aufhebung der Leistungsbewilligung

 

Leitsatz (amtlich)

Sind durch einen Dauerverwaltungsakt ungekürzte Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt worden, so ist für eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG neben der Feststellung der Anspruchseinschränkung auch die Rücknahme nach § 45 SGB X bzw die Aufhebung nach § 48 SGB X der vorangegangenen Bewilligungsentscheidung für die Dauer der festgestellten Leistungseinschränkung erforderlich.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Oktober 2017 abgeändert. Der Bescheid vom 4. Juli 2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 7. Oktober 2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. Dezember 2016 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt 4/5 außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht (noch) die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 1. August 2016 bis 31. Januar 2017 im Streit; der Kläger wendet sich gegen die in diesem Zeitraum nur eingeschränkt nach § 1a AsylbLG gewährten Leistungen.

Der 1970 geborene Kläger reiste am 19. November 2003 nach eigenen Angaben auf dem Seeweg in das Bundesgebiet ein und beantragte am 14. März 2006 seine Anerkennung als Asylberechtigter als angeblicher Staatsangehöriger der Republik S. Wegen erheblicher Zweifel hinsichtlich der Herkunft bzw. der Staatsangehörigkeit wurde im Rahmen des Asylverfahrens ein sprachwissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Gutachter kam dabei zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit Sicherheit nicht aus S stamme. Er sei vielmehr eindeutig der Nnischen Herkunftsregion zuzuordnen.

Mit Bescheid vom 19. September 2006 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag des Klägers als offensichtlich unbegründet ab. Zugleich stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorlägen. Der Kläger wurde aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb von einer Woche zu verlassen. Sollte er die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er in die Bundesrepublik N abgeschoben. Die hiergegen bei dem Verwaltungsgericht Freiburg eingelegte Klage (Az. A 1 K 705/06) blieb ohne Erfolg (Urteil vom 31. Januar 2007, rechtskräftig seit 5. Februar 2007). Nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Kläger im Besitz von jeweils befristet erteilten Duldungen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Er steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), wobei er teilweise bereits Leistungskürzungen unterlag. Seit Juli 2012 ist der Kläger im Rahmen einer freiwilligen sozialen Arbeit (100 Std./Monat) bei der Arbeiterwohlfahrt beschäftigt.

Mit Schreiben vom 4. Juni 2007 forderte das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger unter Bezugnahme auf § 15 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) gegen Empfangsbekenntnis auf, der für ihn zuständigen Ausländerbehörde einen gültigen Pass oder Passersatz auszuhändigen. Wenn er keinen Pass besitze, müsse er innerhalb der genannten Frist der Ausländerbehörde sämtliche Identitätsnachweise, die sich in seinem Besitz befänden, übergeben, sich aus eigener Initiative persönlich bemühen, ein Identitätspapier zu erlangen und diese Bemühungen gegenüber der Ausländerbehörde nachweisen. Zugleich wurde eine Anhörung bei Vertretern der Botschaft der Republik S am 26. Juni 2007 in Begleitung eines Mitarbeiters der Bundespolizeidirektion angeordnet.

Bei der Vorsprache am 26. Juni 2007 kam der Botschaftsvertreter zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Staatsangehörigen Sischer Herkunft handele. Es werde davon ausgegangen, dass der Kläger aus L stamme.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 forderte das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger erneut zur Mitwirkung auf und ordnete eine Vorsprache bei Vertretern der Botschaft der Republik L am 13. November 2007in Begleitung eines Mitarbeiters der Bundespolizeidirektion an.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 zeigte der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Regierungspräsidium Freiburg die anwaltliche Vertretung des Klägers an und teilte unter Vorlage verschiedener Schreiben mit, er bemühe sich schon seit geraumer Zeit, die Identität des Klägers zu klären. Er habe daher Kontakt zur Botschaft der Republik S sowie zur Botschaft des Staates L aufgenommen. Weiter habe er den Kläger zu einer Konsultation bei Facharzt K begleitet, der bestätige, dass die Verletzung des Klägers an seiner rechten Hand tatsächlich auf Gewalteinwirkung zurückzuführen sei.

Bei der Vorsprache am 13. November 2007 bei Vertretern der Botschaft der Republik L kam der Botschaftsvertreter zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Staatsangehörigen Lnischer Herkunft handele...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge