Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsanspruch für CBD-Öl mit einem THC-Anteil
Leitsatz (amtlich)
CBD-Öl mit einem THC-Anteil von ≪0,2 % gehört grds nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung.
Normenkette
SGB V § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 1a, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 2, 3 S. 1, Abs. 3a Sätze 1-3, 6, § 27 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3, § 31 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 6, § 34 Abs. 1 Sätze 4-5, 7-8, Abs. 6, §§ 35, 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, §§ 126-127; AMG § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 21 Abs. 1, § 43; MPG § 3 Nrn. 1-2; BtMG § 1 Abs. 1; BtMG Anl. I; SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3; GG Art. 2 Abs. 1-2; SGG § 54 Abs. 1, 4, §§ 56, 95, 99 Abs. 3 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.04.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Versorgung mit Cannabidiol (CBD)-Öl sowie die Erstattung seit März 2019 angefallener Kosten.
Die 1965 geborene Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse krankenversichert. Sie steht seit 01.03.2021 im Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung und ist Mitglied der Krankenversicherung der Rentner.
Die Firma F vertreibt ua über ihren Online-Shop (https:/F.net) das Produkt „F CBD-Öl 10 %“ und beschreibt dieses als geprüft durch den TÜV Süd, hergestellt aus zertifiziertem Nutzhanf des EU-Sortenkatalogs mit einem Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalt von ≪ 0,2 %, Biohanfsamenöl Basis, ohne Zusatzstoffe, ohne Gentechnik, ohne Farbstoffe. Die Firma weist unter der Rubrik „Shop Info“ auf Folgendes hin:
„Warum werden unsere Öle als Aroma-Öle deklariert? Das liegt an den aktuellen Gesetzmäßigkeiten in Deutschland. Cannabidiol (CBD) erfüllt aktuell weder die Definition eines Nahrungsergänzungsmittels, noch die eines Arzneimittels. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass die CBD Ölhersteller keine Verzehrempfehlung ihren Kunden mit auf den Weg geben dürfen. Auch Heilungsversprechen oder lindernde Vorteile des Produkts dürfen nicht hervorgehoben werden.
Kein Heilversprechen
Aus rechtlichen Gründen müssen wir dich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es sich bei den hier vorgestellten Produkten um keine medizinischen oder pharmazeutischen Präparate handelt. Alle getroffenen Aussagen über die Eigenschaften und Wirkungen, beruhen auf persönlichen Erfahrungen durch die Anwender dieser Produkte. ...“
Nach ihren Angaben bezieht die Klägerin bei der Firma F CBD-Aroma-Öl seit März 2019 und zahlt dafür monatlich 30,00 € (vgl Bl 12, 41, 45, 52 der Verwaltungsakten).
I diagnostizierte bei der Klägerin am 22.10.2019 eine arterielle Hypertonie, am ehesten schmerzassoziiert, ein Fibromyalgie-Syndrom mit chronischem Schmerzsyndrom sowie Ein- und Durchschlafstörungen. Sie sah keinen Nachweis einer hypertensiven Herzerkrankung. Unter CBD-Öl komme die Klägerin in einen guten Schlaf und auch von Seiten der Schmerzen zur Ruhe. Nachdem viele Antihypertensiva wegen der Nebenwirkungen hätten abgesetzt werden müssen, unterstütze sie die Therapie mit dem CBD-Öl.
H stellte der Klägerin unter dem 10.01.2021 eine „Dauerverordnung“ aus: „Die o.g. Patientin befindet sich wegen Therapie refraktärer Art, Hypertonie und Fibromyalgie in meiner ambulanten Behandlung. Wegen multipler Medikamentenunverträglichkeiten verordne ich ihr als Dauerverordnung: ... CBD-Öl ...“ (Bl 144 der Verwaltungsakten). S attestierte der Klägerin unter dem 12.01.2021, dass er auf Grund einer chronischen Erkrankung die additive Anwendung von Aroma-Öl, Hanfsalbe und CBD-Aroma-Öl für ärztlich indiziert halte.
Die Klägerin wandte sich mehrfach an die Beklagte mit der Bitte um Übernahme der Kosten für CBD-Öl 10 % 10 ml à 30,00 €. Sie habe das CBD-Öl im März 2019 in der Reha in S1 verordnet bekommen. Sie habe ein Recht auf Schmerzbehandlung. Das CBD-Öl stehe in den Leitlinien Fibromyalgie. Sie vertrage nicht alles und sei eine Ausnahme. Die Beklagte lehnte am 03.03.2021 die Versorgung mit CBD-Öl mündlich ab.
Im weiteren Verlauf genehmigte die Beklagte der Klägerin auf ihren Antrag die Versorgung mit Cannabis iSd § 31 Abs 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) (Schreiben vom 19.04.2021). Mit Schreiben vom 02.06.2021 informierte die Beklagte den behandelnden Arzt S, dass unter die Genehmigung von Cannabis neben der Verordnung von THC auch das CBD-Öl 10 % 10 ml falle. Eine kassenärztliche Verordnung von CBD-Öl 10 % 10 ml werde von der Beklagten nicht beanstandet (Bl 159 der Verwaltungsakten). Auf ärztliche Verordnung des S vom 07.06.2021 über CBD-Öl 10 % 10 ml wurde die Klägerin am 10.06.2021 durch eine Apotheke mit einer Rezeptur CBD-Öl versorgt (vgl Bl 57 der Verwaltungsakten). Die Klägerin brach diese Therapie ab und setzte ihre Selbstmedikation mit CBD-Öl der Firma F fort. Sie wandte sich ua am 07.07.2021 an die Beklagte (Bl 56 der Verwaltungsakten). Seit Januar 2021 erhalte sie THC. Dieses löse in der Nacht Blutdruck aus, sie brauche CBD-Öl 10 % 10 ml à 30,00...