Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragspflicht. Heranziehung der Kapitalleistung aus einem Versorgungsbezug. Auszahlung des Rückkaufswerts aus einer Direktlebensversicherung nach Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Der aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung nach einer Kündigung der Versicherung ausgezahlte Rückkaufswert ist kein beitragspflichtiger Versorgungsbezug. Um einen beitragsfreien Rückkaufswert und nicht um eine beitragspflichtige Ablösevergütung handelt es sich, wenn der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt anstelle des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer in die Direktversicherung eingetreten ist, als die Anwartschaft aus der Direktversicherung noch nicht unverfallbar war. (Der Senat hat die Revision zugelassen)
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.09.2021 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2020 sowie die Bescheide vom 04.11.2020 und 13.01.2021 aufgehoben.
Die Beklagten tragen die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
Streitig ist die Heranziehung der Kapitalleistung aus einem Versorgungsbezug und Einkommen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage zu Beiträgen in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1977 geborene Klägerin, die im Zeitraum vom 01.10.2003 bis 29.02.2004 versicherungspflichtig bei der SF GmbH F S beschäftigt war (Bl 285 V-Akte), ist nach Aufgabe der Beschäftigung seit 01.07.2004 als selbstständige Landwirtin gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) bei der Beklagten zu 1) kranken - sowie bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Die Beiträge werden seitdem unter Zugrundelegung des korrigierten Flächenwertes nach § 44 der Satzung berechnet. Neben der Tätigkeit als Landwirtin betreibt sie eine Photovoltaikanlage. Daraus erzielte sie laut Einkommensfragebogen und Bestätigung des Steuerberaters jährlich 9.432 € bzw monatlich 786 € (Kalenderjahr 2017, Bl 424 V-Akte), 2018 betrugen die gewerblichen Einkünfte 12.221 € (Bl 540 V-Akte).
Mit Wirkung zum 01.11.2003 schloss die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin, die Firma SF GmbH, mit der S-L Versicherung in F1 eine Direktversicherung mit der Klägerin als versicherter Person (vgl Versicherungsschein Bl 68 Senatsakte, Versicherungsnummer 22300296) und einem Leistungsdatum 01.11.2042. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wurde die Versicherung zum 01.11.2004 von dem bisherigen Versicherungsnehmer auf die Klägerin als neuen Versicherungsnehmer übertragen (Bl 64 Senatsakte), die in den Folgejahren die Beiträge aus eigener Tasche zahlte. Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Versorgungsanwartschaft noch keine gesetzliche Unverfallbarkeit im Sinne des § 1b des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). Mit Wirkung zum 31.10.2019 kündigte die Klägerin den Versicherungsvertrag und erhielt am 05.11.2019 einen Rückkaufswert in Höhe von 12.341,99 € (vgl Bl 63 Senatsakte). Da ein Anteil in Höhe von 771,37 € auf Beiträgen beruhte, die von der früheren Arbeitgeberin der Klägerin entrichtet wurden, meldete die Versicherung diesen Betrag der Beklagten als kapitalisierten Versorgungbezug (Bl 404 f V-Akte, Bl 435 V-Akte). Mit Bescheid vom 19.05.2020 (Bl 429 V-Akte) setzte die Beklagte (handelnd als Kranken- und Pflegekasse) Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1,21 € ab dem 01.05.2020, für den Monat 01.12.2019 in Höhe von 1,20 € und für den Zeitraum 01.01.2020 bis 30.04.2020 in Höhe von insgesamt 4,84 € fest. Mit Bescheid vom selben Datum (Bl 427 ff V-Akte) stellte die Beklagte auch fest, dass für das Einkommen aus außerlandwirtschaftlichem Arbeitseinkommen (Photovoltaikanlage) für Dezember 2019 ein Beitrag iHv 145,80 € und ab Mai 2020 in Höhe von 147,37 € fällig sei. Für die Zeit vom 01.01.2020 bis 30.04.2020 bestehe ein Beitragsrückstand von insgesamt 589,48 €.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 04.06.2020 (Bl 439 V-Akte) Widerspruch und trug vor, die Höhe der erhaltenen Kapitalabfindung stehe in keinem Verhältnis zur Höhe der zusätzlich festgesetzten Krankenversicherungsbeiträge. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, die Kapitalleistung aus der Versicherung S-L unterliege als Versorgungsbezug trotz Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Werde neben einem solchen Versorgungsbezug zusätzlich auch außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen aus einem Gewerbe oder einer selbständigen Tätigkeit (zB Photovoltaikanlage) erzielt, unterliege auch dieses Einkommen der Beitragspflicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.09.2020 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Sinn und Zweck der Versicherung der Versorgungsbezüge sei nicht, Anteile aus Gewerbebetrieb in di...