Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vojta-Liege. kein Hilfsmittel sondern Ergänzung der Heilbehandlung. keine notwendige Beiladung anderer Rehabilitationsträger
Leitsatz (amtlich)
Eine Vojta-Liege stellt kein Hilfsmittel dar. Sie dient der Ergänzung der Heilbehandlung.
Orientierungssatz
Eine notwendige Beiladung anderer Rehabilitationsträger scheidet aus, wenn mangels Weiterleitung des Antrags ein Erstattungsanspruch gegen einen anderen Rehabilitationsträger weitgehend ausgeschlossen ist und mögliche Erstattungsansprüche die Notwendigkeit einer Beiladung im Leistungsstreit nicht begründen können (vgl BSG vom 9.12.1986 - 8 RK 12/85 = BSGE 61, 66 = SozR 2200 § 182 Nr 104).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. März 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung einer Vojta-Liege in Höhe von 2921,95 Euro streitig.
Der 2002 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an Spina bifida (angeborene Erkrankung des Rückenmarkskanals), wodurch nicht nur die Motorik der Beine und Füße, sondern auch die neurologische Funktion, beispielsweise der Blase und Produktion und der Ablauf des Nervenwassers, nachhaltig gestört sind. Er erhält deswegen seit dem 2. Lebensmonat zweimal wöchentlich Vojta-Therapie bei einem Physiotherapeuten. Zusätzlich führt seine Mutter die Übungen 2 bis 5-mal täglich mit dem Kläger durch.
Am 11. November 2002 verordnete deswegen der behandelnde Kinderarzt Dr. M. einen Vojta - Behandlungstisch, elektrisch höhenverstellbar mit abklappbarem Kopf- und Fußteil. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlages des Sanitätshauses Storch und Beller beantragte der Kläger am 2. Dezember 2002, die Kosten für die Therapieliege zu übernehmen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. S. kam zu dem Ergebnis, dass die höhenverstellbare Vojta-Therapieliege nicht als Hilfsmittel zur Abgabe in den häuslichen Bereich geeignet sei, sondern vielmehr als Einrichtungsgegenstand einer Physiotherapeutenpraxis gelte, in der über 8 Stunden Patienten aller Körpergrößen, unterschiedlichen Gewichtes und mit verschiedenen Störungsbildern behandelt würden. Für die Sicherstellung der Vojta-Beturnung im häuslichen Bereich werde im allgemeinen das Vorhandensein einer ausreichend dicken Gymnastikmatte für die Beturnung am Boden, aber auch auf einem Tisch mit entsprechend angepassten Tischbeinen, als ausreichend erachtet. Der Tisch bleibe dann aber ein angepasster Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Vor diesem Hintergrund könne eine Kostenübernahme nicht begründet werden.
Mit Bescheid vom 8. Januar 2003 lehnte die Beklagte darauf den Antrag mit der Begründung ab, die Vojta-Therapie könne auf einem Tisch durchgeführt werden, der als angepasster Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht als Hilfsmittel angesehen werden könne.
Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Vojta-Übungen auf einer Bodenmatte nicht durchführbar seien, auf einem angepasstem Tisch nur bedingt. Um einen bestmöglichen Erfolg zu gewährleisten, sei eine optimale Position bei den Übungen erforderlich, die man nur mit einer höhenverstellbaren Therapieliege erreichen könne. Andere Familien mit Kindern gleicher Behinderung sei die Therapieliege als Hilfsmittel zur Verfügung gestellt worden. Beigefügt waren Befundberichte des O.-H. S. sowie eine Bescheinigung des Kinderarztes Dr. M., die beide die Notwendigkeit der Fortführung der krankengymnastischen Übungsbehandlung bestätigten.
Der nochmals befragte MDK (Dr. S.) führte aus, dass nur bei Kindern höheren Alters und größeren Körpergewichts die Bezuschussung einer höhenverstellbare Therapieliege zur Sicherstellung der regelmäßigen häuslichen Vojta-Beturnung im Rahmen der Satzungsmöglichkeiten nach § 43 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als ergänzende Leistung zur Rehabilitation denkbar wäre. Ein erst 10 Monate alten Säugling könne aber noch auf einer ausreichend dicken Schaumstoffmatte, aufgelegt auf einem Tisch definierter Höhe, turnen. Die regelmäßige Vojta-Therapie im häuslichen Bereich sei allerdings unabdingbar und könne auch durch eine mehrfache Physiotherapeutenintervention pro Woche nicht ersetzt werden. Denn eine solche könne maximal an 3 bis 5 Tagen in der Woche, nicht aber mehrmals täglich stattfinden.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2003 den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Therapieliege nach Vojta sei nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet, so dass eine Kostenübernahme grundsätzlich nicht erfolgen könne. Auch habe die Begutachtung durch den MDK ergeben, dass eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne. Die notwendigen Übungsmaßnahmen...