Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausnahmen von der Pflicht zur Hinterlegung des Sozialversicherungsausweises

 

Orientierungssatz

Eine Ausnahme vom Verlangen, den Sozialversicherungsausweis zu hinterlegen (§ 100 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 4), ist nur in atypischen Fällen zu machen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.02.2000; Aktenzeichen B 11 AL 247/99 B)

 

Tatbestand

Streitig ist neben der Erstattung von Kosten des Verwaltungsverfahrens, der rechtzeitigen Auszahlung von Übergangsgeld (Übg) und der Frage, ob der Kläger seinen Sozialversicherungsausweis bei der Beklagten Ziffer 1 hinterlegen muß, auch die Gewährung höheren Übg bzw. Zwischen-Übg.

Der ... 1957 geborene Kläger ist verheiratet und hat einen im Jahr 1982 geborenen Sohn. Der Kläger kann den erlernten Beruf eines Heizungsbauers aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Die Abschlußprüfung in der von der Beklagten Ziffer 1 als berufliche Maßnahme zur Rehabilitation geförderten Fortbildung zum Heizungstechniker hat der Kläger nicht erfolgreich abgelegt, die Zulassung zur Wiederholungsprüfung wurde ihm bisher von den zuständigen Schulbehörden versagt.

Der Kläger bezog nach dem -- jedenfalls vorläufigen -- Scheitern des Abschlusses in der Fortbildung zum Heizungstechniker bis zum 24.09.1988 Arbeitslosengeld (Alg) und war danach bis 06.10.1989 in Arbeit. In der Zeit vom 01.10.1989 bis zur Aussteuerung mit Ablauf des 28.02.1991 erhielt er Krankengeld, im Anschluß hieran, ab dem 01.03.1991, Alg (Anspruchsdauer 312 Tage), wobei diese Leistungsbewilligung aufgehoben wurde, weil er von der Landesversicherungsanstalt Baden (LVA -- Beklagte Ziffer 2 --) ab dem 01.03.1991 bis zum 22.09.1991 Übg bewilligt bekam, zuletzt in Höhe von kalendertäglich DM 80,71. Zugrunde lag dieser Leistung folgendes Regelentgelt bzw. Nettoentgelt (jeweils zum 01.08. von der LVA ebenso wie das Übg selbst dynamisiert):

ab 01.08.1989

DM 113,85

bzw.

DM 83,07

ab 01.08.1990

DM 117,38

bzw.

DM 85,65

ab 01.08.1991

DM 122,90

bzw.

DM 89,68.

Vor dem Hintergrund des fehlenden Abschlusses als Heizungstechniker besuchte der Kläger eine von der Beklagten Ziffer 1 geförderte Arbeitserprobung/Berufsfindung beim Berufsförderungswerk H (BFW) in der Zeit vom 25.09. bis 11.10.1991 (s. hierzu auch L 3 AL 450/97). Im Rahmen der von ihm eingereichten Unterlagen zur Ermittlung von Grund und Höhe der einzelnen Leistungen beantragte er mit Schreiben vom 01.08.1991 die Erstattung seiner Aufwendungen in Höhe von insgesamt DM 27,--, mit Schreiben ohne Datum Aufwendungen in Höhe von DM 12,-- und mit Schreiben vom 09.08.1991 Aufwendungen in Höhe von DM 8,--. Zur weiteren Feststellung der Art der geltend gemachten Aufwendungen wird auf Bl. 5, 20 und 27 der Reha-Akte (roter Umschlag) Bezug genommen. Die Beklagte Ziffer 1 legte der internen Berechnung des Übg das bis Januar 1988 vom Arbeitsamt Karlsruhe bezogene Übg zugrunde und erhöhte dies um die entsprechenden Anpassungsfaktoren, so daß sich für die Zeit ab 01.02.1991 ein kalendertäglicher Betrag von DM 70,85 errechnete (zur Feststellung der Berechnungen im einzelnen wird auf Bl. 14, 29 und 33 der erwähnten Reha-Akte Bezug genommen). Mit Bescheid vom 09.09.1991 (Bl. 35 aaO) bewilligte die Beklagte Ziffer 1 -- entsprechend dem damals bekannten Beginn der Maßnahme -- Übg für die Zeit vom 23.09. bis 09.10.1991 in Höhe von DM 70,85 und lehnte die Erstattung von Kosten des Verwaltungsverfahrens ab. Außerdem bat sie, den Ausweis über die Versicherungsnummer in der Sozialversicherung zu hinterlegen. In seinem Widerspruch hiergegen machte der Kläger geltend, ihm stünden 90% des entgangenen regelmäßigen Entgelts zu, wobei nach § 59c des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) das Entgelt zugrundegelegt werden müsse, das der letzten Krankengeldberechnung zugrundeliege. Hinsichtlich des Sozialversicherungsausweises wies er darauf hin, daß ihm ein solcher noch nicht vorliege, sondern erst beantragt sei. Den Widerspruch wies die Beklagte Ziffer 1 mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.1991 (Bl. 48 aaO) und der Begründung zurück, der Bemessung des Übg könne nicht § 59c AFG zugrundegelegt werden, weil der zeitliche Abstand zwischen dem Ende des Krankengeldbezuges und dem Beginn der Maßnahme mehr als vier Wochen umfasse. Zugrundezulegen sei vielmehr gemäß § 59 Abs. 2 und 3 AFG das zu Beginn der Rehabilitationsmaßnahme im Jahre 1982 festgesetzte Entgelt, wobei das Übg nach § 59b AFG anzupassen sei. Die 80 v.H. des maßgeblichen Entgeltes beruhten auf einer zum 01.01.1986 in Kraft getretenen Gesetzesänderung. Kosten des Verwaltungsverfahrens könnten angesichts § 63 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) nicht erstattet werden. Soweit sich der Widerspruch gegen den Hinweis über die Hinterlegung des Sozialversicherungsausweises wende, sei er unzulässig, weil hierüber kein Verwaltungsakt vorliege.

Hiergegen hat der Kläger am 22. Oktober 1991 beim SG Klage erhoben (S 7 Ar 2718/91).

Während des Klagverfahrens erging der Bescheid vom 23.10.1991, mit dem Übg für die Zeit vom 23.09. bis 11.10.1991 in bis...

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