Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 34 Abs 4 Nr 3 SGB 6, der Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente sowie der Vertrauensschutzregelungen
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente und die Vertrauensschutzregelungen sind verfassungsgemäß. Dies gilt auch bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Orientierungssatz
1. Zum Leitsatz vgl BVerfG vom 5.2.2009 - 1 BvR 1631/04 = BVerfGK 15, 59 und vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 ua = BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16; im Übrigen vgl auch BSG vom 5.5.2009 - B 13 R 77/08 R = juris Rdnr 20 zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit; vom 19.11.2009 - B 13 R 5/09 R = SozR 4-2600 § 236 Nr 1 zur Altersrente für langjährig Versicherte; vom 25.2.2010 - B 13 R 41/09 R = juris Rdnr 17 zur Altersrente für Frauen; LSG Stuttgart vom 22.3.2013 - L 4 R 4840/11 zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
2. Die Regelung des § 34 Abs 4 Nr 3 SGB 6 ist verfassungsgemäß (vgl LSG Stuttgart vom 21.5.2015 - L 7 R 5354/14).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer höheren Altersrente.
Der 1951 geborene, schwerbehinderte (Grad der Behinderung ≪GdB≫ von 60 seit dem 20. November 1980) Kläger ist seit dem 27. Juli 1973 verheiratet, Vater einer 1984 geborenen Tochter. Er absolvierte vom 24. April 1966 bis 24. April 1969 eine Lehre zum Gas- und Wasserinstallateur. Von Oktober 1972 bis März 1974 wurde er zum Industriekaufmann umgeschult und war ab Oktober 1974 sozialversicherungspflichtig beim Landkreis O. beschäftigt. Wegen der Einzelheiten der zurückgelegten Versicherungszeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 10. Mai 2016 (Blatt 67 und 68 der Senats-Akte) verwiesen. Der Kläger ist in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert.
Am 27. November 2006 schloss der Kläger mit seinem damaligen Arbeitgeber, dem Landkreis O., einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 26. Juli 1974. Danach wurde das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt. Die Altersteilzeitarbeit wurde dabei im sog. Blockmodell vereinbart. Danach dauerte die Arbeitsphase vom 1. Januar 2007 bis 31. Juni 2009, die Freistellungsphase vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2011. Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Dezember 2011.
Am 22. August 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente nach Altersteilzeitarbeit bzw. für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Januar 2012. Mit Bescheid vom 11. Januar 2012 bewilligte ihm die Beklagte für die Zeit ab dem 1. Januar 2012 Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.353,65 Euro. Sie legte persönliche Entgeltpunkte von 54,8442, einen Rentenartfaktor für die Altersrente von 1,0 und einen (aktuellen) Rentenwert von monatlich 27,47 Euro zugrunde. An Entgeltpunkten berücksichtigte sie dabei ausweislich der Anlage 6 zum Rentenbescheid 58,1946 Punkte für Beitragszeiten, 1,6452 Punkte für beitragsfreie Zeiten sowie 1,6447 Punkte an zusätzlichen Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (Summe der Entgeltpunkte: 61,4845). Der Zugangsfaktor betrage 1,000. Er vermindere sich für jeden Kalendermonat, für den die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch genommen werde, um 0,003. Die Verminderung beim Kläger betrage für 36 Kalendermonate 0,108. Daraus ergebe sich bei 61,4845 Entgeltpunkten insgesamt ein Zugangsfaktor von 0,892, so dass sich die persönlichen Entgeltpunkte auf 54,8442 (61,4845 x 0,892) beliefen. Von der unter Zugrundelegung dessen berechneten monatlichen Rente von 1.506,57 Euro brachte sie den monatlichen Beitragsanteil des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 123,54 Euro und den monatlichen Beitrag des Klägers zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 29,38 Euro (Berechnung Anlage 1 zum Rentenbescheid) in Abzug. Der Bescheid vom 11. Januar 2012 enthielt u.a. den Zusatz, dass die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente nach Altersteilzeitarbeit zum gewünschten Rentenbeginn am 1. Januar 2012 nicht vorlägen, so dass stattdessen die ebenfalls beantragte Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden sei.
Unter dem 30. Januar 2012 erhob der Kläger Widerspruch (Schreiben vom 27. Januar 2012) und machte geltend, dass “vom 01.04./22.05.1966-31.12.2011„ Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden seien. Sein letztes Nettoeinkommen habe - ohne 13. Monatsgehalt - 2.300 Euro betragen. Sein Arbeitgeber habe ihm die Rente für Schwerbehinderte dahingehend “schmackhaft„ gemacht, dass die Rente nach Abzug von 10 % Rentenkürzung der Höhe des Netto-E...