Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. Epilepsieerkrankung. Wegefähigkeit. ständige Begleitung. Merkzeichen B. Zugang zum Arbeitsmarkt
Orientierungssatz
1. Die Begleitung durch eine Hilfsperson - hier ist die Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel von der Versorgungsverwaltung durch die Zuerkennung des Merkzeichens "B" bejaht worden - hat bei Anfallskranken nur den Hintergrund, für den Fall eines Anfalls Hilfestellung zu leisten, nicht jedoch - außerhalb von Anfallsituation - Hilfestellung bei der Bewältigung des Arbeitsweges als solchem zu leisten.
2. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist bei drei epileptischen Anfällen im Monat wegen der Besonderheiten des Epilepsieleidens nicht verschlossen (Anschluss an LSG Stuttgart vom 5.5.2000 - L 8 RJ 4461/98). Die Notwendigkeit der Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung kann im Rahmen leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig beachtet werden und führt ebenfalls nicht zu einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die ... 1971 geborene, verheiratete Klägerin erlernte den Beruf der staatlichen Masseurin und medizinischen Bademeisterin und übte diesen Beruf auch aus. Zuletzt war sie allerdings als Reinigungskraft tätig. Sie leidet seit ihrer Kindheit an epileptischen Anfällen. Derzeit beträgt die Anfallfrequenz der großen Anfälle ein- bis zweimal monatlich. Dieser Feststellung liegen die Angaben der Klägerin zugrunde, die allerdings kein Anfallstagebuch führt. Sie versorgt weitgehend eigenständig ihren Haushalt und zwei Kinder (geboren 1998 und 2004).
Sie beantragte am 22.4.2002 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die von der Beklagten veranlasste nervenärztliche Begutachtung (Gutachten Dr. B vom 12.7.2002) erbrachte eine idiopathische Epilepsie mit Grand mal-Anfällen sowie eine unreife, einfach strukturierte und etwas stimmungslabile Persönlichkeit. Der letzte Anfall liege bereits sechs Wochen zurück. Die umschriebenen Persönlichkeitszüge bestünden zweifellos bereits von jeher und hätten einem vollschichtigen Leistungsvermögen auch bislang nicht im Wege gestanden. Es gebe keine Gründe, warum dies jetzt anders sein solle, zumal die Angaben zu Freizeit und Alltag durchaus auch auf eine erhaltene Erlebnisfähigkeit schließen ließen (zur näheren Fehlstellung der insoweit von der Klägerin gemachten Angaben wird auf Blatt 63/65 der Rentenakte Bezug genommen) und die Klägerin Haushalt und Kind versorge. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mehr als sechs Stunden am Tag verrichtet werden.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15.8.2002 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch u. a. nach Einholung eines Befundberichts des Epilepsiezentrums K mit darin beschriebenen schweren Anfällen in vierwöchigem Abstand (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 207/209 der Rentenakte) und ärztlicher Stellungnahmen von Dr. G vom 7.2. und 20.3.2003 (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 223 und 227 der Rentenakte Bezug genommen) mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2003 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 22.5.2003 bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, mit der sie ihr Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Dr. Sch hat in seiner Stellungnahme vom 8.8.2003 zum Ausdruck gebracht, dass während der derzeit durchgeführten Umstellung der Medikation neben dem Haushalt und der Versorgung der Familie keine vollschichtige Arbeit verrichtet werden könne. Das Epilepsiezentrum K (Dr. M) hat unter dem 11.8.2003 über in Abständen von vier Wochen auftretende Anfälle ohne Vorsymptome berichtet und darauf hingewiesen, dass die Epilepsie bei jeder Tätigkeit potenzielle Relevanz am Arbeitsplatz besitze. Erhebliche Einschränkungen würden sich nicht nur direkt aus dem Auftreten von Anfällen (z. B. bei Tätigkeiten mit Publikumsverkehr), sondern auch auf Grund der medikamentösen Nebenwirkungen (vor allem Zittern der Hände, das durch erhöhte Anspannung verstärkt werde) ergeben. Für leichtere Tätigkeiten sei eine tägliche Arbeitszeit von höchstens vier Stunden vertretbar, wobei Tätigkeiten mit Sturzgefahr, Nacht- oder Wechselschichtarbeiten und Arbeiten an gefährlichen Maschinen ausgeschlossen seien. Vom Gutachten von Dr. B weiche er deshalb ab, weil darin die jeweils nicht unerheblichen, an die Anfälle gebundenen depressiven Verstimmungen zu wenig gewürdigt worden seien. Der Orthopäde Dr. Z hat in seiner Stellungnahme vom 14.8.2003 aus orthopädischer Sicht eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bejaht. Der praktische Arzt Ö hat in seiner Vernehmung durch das SG die Ansicht vertreten, dass die Klägerin ohne die Betreuung von Haushalt und Familie wahrscheinlich eine vollschichtige Tätigkeit verrichten könne.
Sodann hat das SG Bew...