Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. Tätigkeit als Wissenschaftler im archäologischen Bereich. wissenschaftlicher Autor. Publizist
Orientierungssatz
1. Unter einem Publizisten ist jeder im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkende zu verstehen, wobei der "Publizistik" eigen ist, dass die erstellten Schriftstücke für die "Öffentlichkeit" bestimmt sind. Die schöpferische Tätigkeit muss im Wesentlichen in Eigenregie nach Außen dringen. Bei einem aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetzten gemischten Beruf, für den ein einheitliches Entgelt gezahlt wird, kann von einer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nur dann ausgegangen werden, wenn diese Elemente das Gesamtbild der Tätigkeiten prägen (vgl BSG vom 16.4.1998 - B 3 KR 7/97 R = BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr 12).
2. Als Publizist iS von § 2 S 2 KSVG ist ua auch der wissenschaftliche Autor anzusehen. Allerdings muss seiner Veröffentlichung zur Überzeugung des Senats ein Bezug zur Öffentlichkeit inne wohnen um ihn von dem Autor abzugrenzen, der lediglich seine wissenschaftlichen Ergebnisse in Fachverlagen publiziert und sie somit nur einer Fachwelt zugänglich macht. Diese Abgrenzung ist deswegen erforderlich, weil ansonsten jede Publikation einer Doktorarbeit den Verfasser in den Kreis wissenschaftlicher Autoren einbeziehen und der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterziehen würde.
3. Um als wissenschaftlicher Autor iS des KSVG angesehen werden zu können, ist weiterhin notwendig, dass die Publikationen prägend für die Erwerbstätigkeit des Versicherten sind (vgl BSG vom 28.8.1997 - 3 RK 13/96 = SozR 3-5425 § 25 Nr 10 = SozR 3-5425 § 2 Nr 6). Das kann insbesondere dann nicht der Fall sein, wenn wie vorliegend ein Wissenschaftler im archäologischen Bereich tätig ist und Auftraggeber wie Landesarchivdirektionen oder Institute für Denkmalpflege eine wissenschaftliche Arbeit in Auftrag geben und diese dann auch veröffentlicht wird. Die Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse ist hier somit von untergeordneter Bedeutung, dh prägend war insgesamt der wissenschaftliche Charakter der archäologischen Tätigkeit.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. Mai 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger vom 1. September 2000 bis 30. Juni 2002 nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) pflichtversichert ist.
Der 1955 geborene Kläger hat 1986 das Studium der Vor- und Frühgeschichte, Urgeschichte und Anthropologie mit der Erlangung eines Magister Artium beendet. In der Folgezeit führte er den Familienhaushalt und arbeitete an seiner Doktorarbeit im Fachbereich Archäologie. Das Promotionsverfahren beendete er mit erfolgreich bestandenem Rigorosum am 27. Juni 2000. Danach schloss er mit verschiedenen öffentlichen Auftraggebern aus Baden-Württemberg Werkverträge mit Projektdarstellungen (insbes. Sonderausstellungen), bei denen u. a. Publikationen vorgesehen waren, wobei er für die in diesem Zusammenhang anfallenden Manuskripterstellungen nach Seitenzahlen entlohnt wurde.
Seit 1. Juli 2002 ist er als Angestellter im Landratsamt tätig.
Am 31. August 2000 beantragte er bei der Beklagten die Aufnahme in die Künstlersozialversicherung, wobei er u. a. geltend machte, er sei seit Mai 2000 als freier wissenschaftlicher Autor selbstständig tätig. Dabei befasse er sich mit den Bereichen Archäologie, Geschichte und Landeskunde und veröffentliche archäologische Funde und Grabungsdokumentationen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit liege auf dem Gebiet des Verfassens von Heimatgeschichtswerken und Jubiläumsbüchern. Darüber hinaus erarbeite er Konzeptionen für Sonderausstellungen und Museen. Zudem befasse er sich mit der Erstellung von Reise- und Wanderführern.
Hierzu fügte der Kläger verschiedene Unterlagen bei.
Mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, seine Tätigkeit könne nicht als künstlerisch/publizistisch angesehen werden. Nach dem von dem Kläger vorgelegten Vertrag mit der Stadt S. sei er für die Erfassung und Sortierung, Verpackung und Beschriftung, zeitliche Einordnung, fotographische Dokumentation und Kartierung der Funde zuständig gewesen. Des weiteren sei er für das Land Baden-Württemberg, vertreten durch die Landesarchivdirektion, für die Erhebung der Fundstellen, Kartierung und Manuskripterstellung tätig gewesen. Diese Tätigkeiten dienten der wissenschaftlichen Dokumentation und Berichterstattung und seien somit mit dem typischen Berufsbild eines Schriftstellers oder Journalisten nicht vergleichbar. Außerdem habe er offenbar keinerlei Ausbildung in einem publizistischen Bereich aufzuweisen und wäre seinem Briefkopf nach ein “archäologisch-landeskundliche...