Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung. erhöhte Begleitleistungen im konservierend-chirurgischen Bereich. Praxisbesonderheit
Leitsatz (amtlich)
Die überdurchschnittliche Erbringung von Parodontoseleistungen und/oder prothetischen Leistungen kann zu erhöhten Begleitleistungen im konservierend-chirurgischen Bereich führen, die als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen sind.
Normenkette
SGB V § 106 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
SG Stuttgart (Urteil vom 24.10.2001; Aktenzeichen S 10 KA 1250/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2001 und der Bescheid des Beklagten vom 20. Februar 2001 aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 10. Mai 2000 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
Der Beklagte trägt die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Aufwendungen des Klägers in beiden Rechtszügen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung seiner Honoraranforderung für das Quartal 1/98 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.
Der Kläger ist als Zahnarzt in E. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Im streitigen Quartal 1/98 beschäftigte er eine Entlastungsassistentin. Er behandelte im Quartal 1/98 konservierend-chirurgisch 414 Versicherte. Die Honorarforderung je Fall bei den konservierend-chirurgischen Leistungen betrug DM 213,94 (Durchschnitt der im Bereich der Beigeladenen Nr. 1 zugelassenen Zahnärzte: DM 138,02) und überschritt damit den Fachgruppendurchschnitt um 55,01 %. Im Quartal 1/98 rechnete er des Weiteren 82 Prothetikfälle mit einer Gesamtsumme von DM 104.914,47, 25 Parodontosefälle mit einer Gesamtsumme von DM 28.752,60 und 3 Kieferbruchfälle mit einer Gesamtsumme von DM 1.102,84 ab.
Der Ortsausschuss Stuttgart des Beigeladenen Nr. 6 beantragte die Prüfung der Abrechnung des Klägers wegen Überschreitung der Fallkosten um mehr als 50%. In seinem Antrag ging er von Fallkosten des Klägers in Höhe von DM 260,96 sowie von Fallkosten der Zahnärzte im Bereich der Beigeladenen Nr. 1 in Höhe von DM 137,85 aus.
Die zahnärztlichen Mitglieder des Prüfungsausschusses führten eine fachliche Vorprüfung von insgesamt 51 Einzelfällen durch. Bei den Sitzungen am 13.4.1999, 20.4.1999 und 27.4.1999 war der Kläger anwesend. In einer zusammenfassenden Beurteilung kamen die zahnärztlichen Mitglieder des Prüfungsausschusses zu dem Ergebnis, die Dokumentation sei nicht immer ausreichend gewesen, da häufig nur BEMA-Kürzel statt der Leistungsbeschreibung festgehalten würden. Bei Füllungen mit Mehrkostenvereinbarung werde teilweise der Kassenanteil gar nicht oder mit falschem Datum abgerechnet. Die angefertigten Röntgenbilder seien technisch einwandfrei und ausdiagnostiziert gewesen. In der zusammenfassenden Beurteilung sind weiter die Fälle genannt, in denen nicht vertragsgerecht abgerechnete bzw. unwirtschaftlich erbrachte Leistungen festgestellt wurden.
Der Prüfungsausschuss berichtigte das Honorar zu Lasten des Klägers um insgesamt DM 10.306,39 (entspricht € 5.269,57). Er setzte 3.968 Punkte (= DM 6.281,92), die verbleibende Berichtigung laut Niederschrift (über die Vorprüfung) in Höhe von DM 3.962,49 sowie 31 Füllungszuschläge in Höhe von zusammen DM 62,00 ab. Des Weiteren gab er Hinweise zur Dokumentation, den Geb.-Nrn. 12, 13b, 38, 50 und 59 BEMA sowie zur systematischen Parodontosebehandlung (Beschluss vom 6.7.1999/Bescheid vom 10.5.2000).
Der Kläger erhob Widerspruch. Er hielt die vom Prüfungsausschuss gewählte Prüfmethode der repräsentativen Einzelfallprüfung mit Hochrechnung für unzulässig. Es werde nicht hinreichend zwischen sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Wirtschaftlichkeitsprüfung unterschieden. Des Weiteren nahm er auch zu den geprüften einzelnen Fällen Stellung.
Der Beklagte gab dem Widerspruch des Klägers teilweise statt und berichtigte durch Beschluss vom 10.10.2000/ Bescheid vom 20.02.2001 das Honorar zu Lasten des Klägers um DM 8.623,51 (entspricht € 4.409,13). Er erkannte zusätzlich zum Fallkostendurchschnitt der Beigeladene Nr. 1 eine Überschreitung von 40 v.H. an und setzte den Rest (DM 8.573,94) sowie eine P200 im Fall 48 (DM 49,57) ab (Beschluss vom 10.10.2000/Bescheid vom 20.2.2001). Zur Begründung führte er aus, hinsichtlich der konservierend-chirurgischen Behandlung sei ein statistischer Vergleich durchgeführt worden. Die vom Prüfungsausschuss beanstandeten Par-Fälle seien einzeln geprüft worden. Praxisbesonderheiten seien weder vorgetragen noch hätten solche eruiert werden können. Der Gesamtfallwert (DM 213,94) überschreite den KZV-Durchschnitt (DM 138,02) um rund 55%. Dies stelle ein offensichtliches Missverhältnis dar, dessen Beginn bei 40% Überschreitung gesehen werde. Der Kläger stelle die Indikation...