Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsförderung. Arbeitslosengeldanspruch. Verlängerung der Anspruchsdauer. vorübergehende Sonderregelung. Corona-Pandemie. Beschränkung auf den Zeitraum Mai bis Dezember 2020. keine analoge Anwendung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 421d Abs 1 SGB III findet keine analoge Anwendung auf Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld sich nach dem 31.12.2020 auf einen Tag gemindert hat.
2. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 421d Abs 1 SGB III auf Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld sich in der Zeit vom 1.5.2020 bis zum 31.12.2020 auf einen Tag gemindert hat, verstößt weder gegen Art 3 Abs 1 GG noch gegen Art 14 Abs 1 GG .
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24.10.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 08.01.2021 bis 07.04.2021.
Der 1966 geborene Kläger war vom 15.04.2013 bis 30.09.2019 versicherungspflichtig als Zahnarzt beschäftigt. Am 25.07.2019 meldete er sich für die Zeit ab 01.10.2019 arbeitssuchend und beantragte die Gewährung von Alg. Mit Bescheid vom 13.09.2019 wurde dem Kläger Alg für die Dauer von 450 Tagen im Zeitraum vom 01.10.2019 bis 30.12.2020 in Höhe von täglich 22,91 € bewilligt.
Am 22.11.2019 teilte der Kläger mit, dass er in den Zeiträumen vom 20.01.2020 bis 23.01.2020 sowie vom 27.01.2020 bis 30.01.2020 auf Honorarbasis Vertretungen in einer Zahnarztpraxis übernehmen werde. Mit Änderungsbescheid vom 07.01.2020 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeiträume vom 20.01.2020 bis 23.01.2020 sowie vom 27.01.2020 bis 30.01.2020 auf und gewährte dem Kläger Alg in Höhe von täglich 22,91 € über den 30.12.2020 hinaus bis zum 07.01.2021. Der Kläger erhob hiergegen keinen Widerspruch.
Mit Schreiben vom 01.12.2020 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Alg aufgrund des Sozialschutz-Pakets II. Ursprünglich sei ihm Alg bis 30.12.2020 bewilligt worden. Infolge seiner freiwilligen und nur sehr kurzzeitigen Arbeitsaufnahme im Januar 2020 ende sein neu erworbener Alg-Anspruch am 07.01.2021. Er fühle sich benachteiligt und werde im Falle eines Ablehnungsbescheids Klage erheben.
Mit Bescheid vom 04.12.2020 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Verlängerung des Alg-Anspruchs um drei Monate bis 07.04.2021 ab. Hierfür gebe es keine gesetzliche Grundlage. Gemäߧ 421d Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) verlängere sich das Alg einmalig um drei Monate für Personen, deren Anspruch sich in der Zeit vom 01.05.2020 bis 31.12.2020 auf einen Tag gemindert habe. Der Alg-Anspruch des Klägers mindere sich jedoch erst am 07.01.2021 auf einen Tag. Die Regelung des§ 421d SGB III sei deshalb hier nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger am 16.12.2020 Widerspruch ein und teilte mit, dass bereits Klage erhoben sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2020 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich der ursprünglich am 30.12.2020 endende Alg-Anspruch des Klägers durch zwei befristete Beschäftigungen verlängert und erst am 07.01.2021 geendet habe. Die Voraussetzungen des§ 421d SGB III lägen beim Kläger nicht vor. Der Gesetzgeber habe die einmalige Verlängerung der Anspruchsdauer um drei Monate ganz exakt auf Leistungsempfänger begrenzt, deren Alg-Anspruch sich bis spätestens 31.12.2020 auf einen Tag gemindert habe. Der Alg-Anspruch des Klägers habe sich jedoch erst am 07.01.2021 auf einen Tag gemindert. Der Widerspruchsbescheid wurde am 18.12.2020 zur Post aufgegeben.
Bereits am 14.12.2020 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage mit dem Begehren nach Bewilligung von Alg für drei weitere Monate über den 07.01.2021 hinaus erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er seit dem 30.01.2020 keinerlei berufliche Einkünfte mehr erzielt habe. Er sei vom Schutzzweck des§ 421d SGB III erfasst. Die Begrenzung des Zeitraums auf den 31.12.2020 sei aufgrund der gerade wieder steigenden Infektionszahlen nicht nachvollziehbar. Aufgrund seines eigenen positiven Einsatzes werde er ungerechtfertigt schlechter gestellt. Es könne nicht sein, dass der Blick nur auf den Stichtag und nicht auf die Lage des hilfebedürftigen Bürgers gerichtet sei. Es gebe keinen sachlichen Grund, ihn für sein Engagement zu bestrafen, indem man ihm den staatlichen Schutzschirm vorenthalte. Mit Schreiben vom 12.01.2021 hat der Kläger erklärt, dass er hilfsweise auf seinen Anspruch aus der erworbenen Verlängerung der Anspruchsdauer um 8 Tage verzichte, sofern er dadurch die Voraussetzungen des§ 421d SGB III erfülle.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Voraussetzungen des§ 421d SGB III für eine einmalige Verlängerung der Anspruchsdauer auf Alg wegen der Coronapandemie seien nicht erfüllt, da der Alg-Anspruch des Klägers erst am 07.01.2021 erschöpft gewesen sei.
Nach Anhö...