Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzungsfeststellungsklage. Verfahrensverwaltungsakt. Aktenübersendung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine behördliche Verwaltungsverfahrenshandlung (hier: Ablehnung der Aktenübersendung an einen bevollmächtigten Rechtsanwalt) ist - unabhängig davon, ob sie in Form eines Verwaltungsaktes erfolgt - nicht isoliert anfechtbar und kann - mangels eigener Beschwer - auch nicht im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage überprüft werden. Sie ist nur inzident mit der Sachentscheidung überprüfbar. § 44a VwGO drückt einen allgemeinen Rechtsgedanken aus, der auch im sozialgerichtlichen Verfahren heranzuziehen ist.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage darüber, ob die vom Beklagten während eines Verwaltungsverfahrens abgelehnte Übersendung der Verwaltungsakte an den Kanzleisitz des Klägerbevollmächtigten rechtswidrig war.

Der Beklagte hatte der Klägerin, die zuletzt Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, unter Berücksichtigung ihres berufstätigen Partners als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ab 1. Januar befristet bis 31. Dezember 2005 Arbeitslosengeld II in Höhe des befristeten Zuschlages nach § 24 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bewilligt (Bescheide vom 25. Dezember 2004 und 19. Juli 2005). Durch Bescheid vom 8. Februar 2006 wurden die Leistungen rückwirkend ab 1. Januar 2005 “eingestellt„ und die Bewilligungsbescheide ab diesem Zeitpunkt wieder aufgehoben, weil der Zuschlag nicht hätte ausgezahlt werden dürfen; gleichzeitig teilte der Beklagte mit, dass eine Überzahlung in Höhe von 1.898,67 Euro entstanden sei, wobei beabsichtigt sei, diesen Betrag in monatlichen Raten zurückzufordern, und insoweit Gelegenheit zur Äußerung gegeben werde.

Gegen den letztgenannten Bescheid legte die Klägerin über ihren Bevollmächtigten mit Fax vom 13. Februar 2006 Widerspruch ein; dieser beantragte zugleich unter Hinweis auf die §§ 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), 84a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Akteneinsicht unter Überlassung der Akte zur Einsicht in seinem Büro. Unter dem 14. Februar 2006 teilte der Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit, dass auf die Rückforderung verzichtet werde; hinsichtlich der Akteneinsicht werde gebeten, einen Termin für Bad Säckingen zu vereinbaren, damit die Akte in der dortigen Zweigstelle verfügbar sei. Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte darauf in deren Namen mit Schriftsatz vom 16. Februar 2006, er nehme den Verzicht auf die Rückforderung des im Bescheid vom 8. Februar 2006 genannten Betrages an, jedoch sei dem Widerspruch wegen der im Bescheid verfügten Einstellung für die Zukunft nicht abgeholfen. Er bitte deshalb nochmals um Übersendung der Akte zur Akteneinsicht in seinen Büroräumen; sollte der Beklagte ihn weiterhin auf eine Einsichtnahme in den Behördenräumen verweisen, werde um einen begründeten und rechtsbehelfsfähigen Bescheid gebeten. Über den fortgeführten Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 8. Februar 2006 ist noch nicht entschieden.

Mit - dem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen - Bescheid vom 28. Februar 2006 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übersendung der Verwaltungsakte ab; gemäß § 25 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 84a SGG stehe es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, ob Akten an Rechtsanwälte und Bevollmächtigte übersandt würden. Im vorliegenden Fall sprächen gegen die Übersendung der Verwaltungsakte, dass es sich bei der vorliegenden Akte um eine nicht besonders umfangreiche Akte handele und das Studium der Akte in den Räumen der nur 14 km von der Kanzlei des Bevollmächtigten der Klägerin entfernten Geschäftsstelle B.-S. zumutbar erscheine, während dem verhältnismäßig geringen Aufwand des Bevollmächtigten ein erheblicher Verwaltungsaufwand im Falle der Übersendung gegenüberstehe, weil die Akte komplett durchnummeriert und die wesentlichen Elemente der Akte kopiert werden müssten. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2006 aus den Gründen des angefochtenen Bescheids zurückgewiesen; der Widerspruchsbescheid enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen ihn und den ihm zugrunde liegenden Verwaltungsakt innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben werden könne.

Am 17. Mai 2006 hat die Klägerin mit dem Begehren um Einsicht in die Verwaltungsakte durch Übersendung der Akte in das Büro ihres Prozessbevollmächtigten Klage zum SG erhoben. Nach den Bestimmungen der §§ 25, 84a SGG sei die zu gewährende Akteneinsicht im Regelfall einem bevollmächtigten Rechtsanwalt im Wege der Übersendung der Akte in dessen Büro zu ermöglichen; hinreichende Gründe, vorliegend von dieser Regel eine Ausnahme zu machen, seien vom Beklagten nicht dargetan. Während des Klageverfahrens hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 21. Juni 2006 über das SG mittels Aktenübersendung in seine Kanzlei ...

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