Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeit. Verweisungstätigkeit. unzureichende deutsche Sprachkenntnisse
Orientierungssatz
Unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache unterfallen nicht dem Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl BSG vom 18.12.1990 - 8/5a RKn 5/87 = BSGE 68, 87 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 9 und BSG vom 15.5.1991 - 5 RJ 92/89 = BSGE 68, 288 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 11)
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin erhebt Anspruch auf Knappschaftsrente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit.
Die am 08. März 1937 geborene Klägerin stammt aus Oberschlesien. Sie gibt an, nach dem Abschluß der Hauptschule im Juni/Juli 1952 an einem Schreibmaschinenkurs teilgenommen zu haben. Anschließend war sie bei einem Steinkohlenbergwerk in L beschäftigt. Während einer Zeit als ungelernte Arbeiterin über Tage von August 1952 bis März 1953 erlernte sie Buchhaltungsarbeiten. Auf dieser Grundlage war sie von März 1953 bis Juni 1954 als "Referentin", von Juli bis September 1954 als "Oberreferentin", von Oktober 1954 bis Juli 1956 als "Ökonomist" und schließlich von August bis Dezember 1956 als "Oberökonomist" eingesetzt; ihre Aufgabe bestand vorwiegend in Lohnabrechnungen. Anschließend blieb die seit April 1955 verheiratete Klägerin Hausfrau; am 26. Juli 1959 und 12. Dezember 1961 wurden ihre beiden Kinder geboren. Zum 01. Oktober 1980 nahm sie nochmals eine Beschäftigung als Abrechnungsreferentin bei der Gaststätte der Handelsgenossenschaft in P auf; die Aufgabe bestand in Buchführung, Warenbestellung, Lohn- und Kassenabrechnung einschließlich Personalaufsicht. Sie beendete die Beschäftigung zum 31. Oktober 1988 wegen bevorstehender Übersiedlung ins Bundesgebiet. Sie hat hier ständigen Aufenthalt seit 05. November 1988 und ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A. Ab 07. November 1988 bezog die Klägerin Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit, nämlich zunächst Arbeitslosengeld, vom 30. November 1988 bis 27. September 1989 Unterhaltsgeld und dann bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 01. November 1991 wieder Arbeitslosengeld. Nach diesem Zeitpunkt stellte sie sich nicht mehr der Arbeitsvermittlung zur Verfügung; sie war auch nicht arbeitsunfähig gemeldet. Ein Arbeitsverhältnis wurde nicht mehr begründet.
Am 24. Oktober 1991 beantragte die Klägerin Knappschaftsrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, begründet mit "Herz, Kreislauf, Blut, Knie". Die Beklagte veranlaßte Untersuchungen bei der Ärztlichen Untersuchungsstelle S der Landesversicherungsanstalt Württemberg. Chirurg Dr. D nannte im Gutachten vom 12. Juni 1992 (Untersuchung am 30. April 1992) eine massive Übergewichtigkeit, Neigung zu Kniegelenksschmerzen beidseits sowie Neigung zu Rücken-Lenden-Kreuz-Schmerzen bei Verschleißerscheinungen mit Fehlhaltung und Muskelverspannungen, jedoch bei nur mäßiger Funktionsminderung. Die Klägerin sei in der Lage, körperlich leichte Arbeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ohne häufiges Bücken vollschichtig auszuüben; ein Weg zur Arbeit von 1200 m könne zurückgelegt werden. Internistin Dr. H Z ergänzte im Gutachten vom 23. Juni 1992 (Untersuchung am 15. April 1992), auf ihrem Gebiet bestünden eine Fettleber, ein behandlungsbedürftiger Bluthochdruck mit nachweisbarer Linksherzhypertrophie, ein Verdacht auf Steingallenblase sowie leichte Blutarmut. In Zusammenschau mit den orthopädischen Befunden seien leichte Arbeiten im Sitzen ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und ohne Fußwege über 1200 m vollschichtig möglich. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 13. November 1992 ab. Mit ihrem Widerspruch hiergegen bemängelte die Klägerin insbesondere die von den Ärzten genannte Länge des zumutbaren Arbeitsweges und bestritt ihre vollschichtige Leistungsfähigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen. Vom 28. September bis 11. November 1992 hatte sie sich zur Entfernung eines gutartigen Tumors im Unterleib im Kreiskrankenhaus M aufgehalten. Nach beratungsärztlicher Stellungnahme (Internist Dr. S 24. März 1993) erging der zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 1993.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) hat die Klägerin darauf hingewiesen, sie leide an einem kaum zu reduzierenden Übergewicht, das für zahlreiche Schmerzzustände, aber auch für Schwindel, Angstzustände, Schlafstörungen und rasche Ermüdbarkeit verantwortlich sei. Eine vollschichtige Beschäftigung im zumutbaren Beruf bei betriebsüblichen Pausen sei nicht vorstellbar. Maßnahmen der Rehabilitation wären erfolglos. Auch ihre Gehfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Orthopäde K hat unter dem 12. Dezember 1993 über eine Behandlung im Januar/Februar 1993 berichtet; hinsichtlich der bestehenden Rücken- und Kniebeschwerden bestehe keine Abweichung gegenüber dem Rentengutachten (vgl. auch Arztbrief vom ...