Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Leistung. Gesamtvergütung. Ausgleichsanspruch. Verkürzung. vierjährige Verjährungsfrist. Geltung des BGB für Unterbrechung, Hemmung und Wirkung der Verjährung

 

Orientierungssatz

1. Wird die Gesamtvergütung pauschaliert berechnet, bestehen keine Ausgleichsansprüche. Wird sie nach Einzelleistungen berechnet, bestehen hingegen Ausgleichsansprüche (vgl ua BSG vom 21.11.1986 - 6 RKa 5/86 = BSGE 61, 19 = SozR 2200 § 368f Nr 11).

2. Die Parteien des Gesamtvertrages dürfen die normalerweise im Vertragsarztrecht geltende vierjährige Verjährungsfrist verkürzen.

3. Im gesamten Sozialrecht gelten für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB entsprechend.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Nachzahlung eines Teils der Gesamtvergütung.

Das Klinikum der Stadt M (früher: Städtische Krankenanstalten M; jetzt: Klinikum M GmbH) war seit 1979 zur Erbringung von Institutsleistungen ermächtigt. Das Klinikum unterwarf sich den für Kassenärzte geltenden Bestimmungen. Nach der Ermächtigung waren die erbrachten Leistungen vierteljährlich mit der Klägerin abzurechnen, die Vergütung wurde nach Einzelleistungen berechnet, sie bemaß sich nach der zwischen der Klägerin und den Kassenverbänden vereinbarten Vergütung der Institutsleistungen (fortgeschriebene Ermächtigung gemäß Bescheid vom 18.06.1979).

Die Klägerin vergütete die aufgrund dieser Ermächtigung erbrachten ambulanten Leistungen. Für die Quartale 1/89 bis 3/91 kürzte sie die Leistungen um einen Investitionsabschlag von 22% (§ 7 Abs. 1 des Gesamtvertrages mit den Landesverbänden der RVO-Kassen i.V.m. einer Protokollnotiz). Die Stadt M, als damalige Trägerin des Klinikums, war mit diesen Abschlägen nicht einverstanden. Sie erhob am 04.03.1991 Klage gegen die Klägerin. Durch Beschluss vom 18.02.1992 wurde u.a. auch die Beklagte zu diesem Verfahren beigeladen. Mit Urteil vom 08.12.1993 (S 1 Ka 473/91) verurteilte das Sozialgericht (SG) Karlsruhe die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale 1/89 bis 3/91 weitere Vergütung in Höhe von 1.484.073,30 DM zu zahlen. Die Berufung wies der Senat mit rechtskräftigem Urteil vom 24.01.1996 zurück (L 5 Ka 888/94). Zur Begründung führte der Senat aus, die Vergütungsregelungen zwischen der KV Nordbaden und den Kassenverbänden der Primärkassen hätten für die streitbefangenen Quartale keine Regelungen dahingehend enthalten, dass abweichend vom Wortlaut der Ermächtigung nach Berechnung der Einzelleistungen von deren Punktwert 22% abzusetzen seien. Eine solche Regelung finde sich auch nicht in dem zwischen dem Landesverband der Ortskrankenkassen Baden-Württemberg und der KV Nordbaden abgeschlossenen Gesamtvertrag vom 03.08.1978, dem die Gesamtverträge mit den Landesverbänden der Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie der Badischen Landwirtschaftlichen Krankenkasse inhaltlich im Wesentlichen entsprächen. Der Gesamtvertrag habe keine einschlägige Abschlagsregelung enthalten. Mit dem Gesamtvertrag vom 03.08.1978 hätten die Vertragspartner in § 15 geregelt, dass mit seinem In-Kraft-Treten die früheren Gesamtverträge mit ergänzenden Vereinbarungen außer Kraft träten. Somit könne der Schriftwechsel zwischen der Klinik, der Klägerin und dem Landesverband der Primärkassen, auf den sich die Beklagte des damaligen Verfahrens (jetzt Klägerin) berufe, für die Kürzung nicht herangezogen werden. Somit verbleibe es bei dem gesetzlich im § 120 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz SGB V geregelten Investitionskostenabschlag von 10%. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf sein Urteil vom 24.01.1996.

Nach Eintritt der Rechtskraft wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 06.05.1996 an die Beklagte und kündigte an, sie werde aufgrund der nachzuzahlenden Honorare für die Quartale 1/89 bis 3/91 Nachforderungen geltend machen. Gegenüber der AOK-Neckar-Odenwald-Kreis machte die Klägerin die hier streitige Forderung von 7.716,58 DM geltend. Die Beklagte lehnte die Zahlung dieser und der weiteren Forderungen wegen der eingetretenen Verjährung ab. Die Beteiligten kamen darin überein, unter Verzicht auf die Verjährungseinrede, soweit die Verjährung nicht bereits eingetreten war, hinsichtlich der vorliegend streitigen Forderung einen Musterprozess zu führen.

Hierauf erhob die Klägerin am 22.04.1997 Klage beim SG Karlsruhe: Die Forderung auf Erstattung der Zahlung an die Stadt Mannheim als Teil der Gesamtvergütung sei mit dieser Zahlung im Quartal 2/96 entstanden. Bestandteil der Gesamtvergütung könne nur sein, was die Klägerin geleistet habe. Die Beklagte nehme an, der Anspruch sei schon in den Quartalen 1/89 bis 3/91 entstanden. Dies sei nicht richtig, weil in diesen Quartalen Leistungen des Klinikums M nur mit einem Abschlag von 22% vergütet worden seien und sie die Differenz zwischen diesem Abschlag und dem gebilligten Abschlag von 10% erst im Quartal 2/96 gezahlt habe. Somit könne unabhängig von der streitigen Frist die Verjährung noch nic...

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