Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Arbeitslosengeldes. Bemessungszeitraum, -rahmen und -entgelt nach Arbeitszeitreduzierung durch Teilzeitvereinbarung. teleologische Reduktion
Orientierungssatz
1. Kann im nach § 130 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 3 idF vom 23.12.2003 auf 2 Jahre erweiterten Bemessensrahmen ein Bemessungszeitraum mit 150 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht ermittelt werden, weil Zeiten der Teilzeitbeschäftigung nach § 130 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB 3 idF vom 23.12.2003 bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes außer Betracht bleiben, so ist nach dem Wortlaut der ab 1.1.2005 geltenden Vorschriften eine fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes gem § 132 Abs 1 SGB 3 durchzuführen. Der Bemessungsrahmen kann nicht über die Dauer von 2 Jahren durch einzelne Monate verlängert werden.
2. Die Vorschrift des § 132 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB 3 in der Fassung vom 23.12.2003 ist unter teleologischer Reduktion dahingehend auszulegen, dass sie in Fällen nicht anzuwenden ist, in denen ihre Anwendung nicht zu der beabsichtigten Besserstellung der in der Norm genannten Personen führt und es bei der Regelbemessung bleibt, sofern eine solche möglich ist (vgl SG Dresden vom 18.10.2007 - S 37 AL 675/06).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) des Klägers streitig.
Der 1947 geborene, verheiratete Kläger, der seit September 2007 Rente bezieht, war zwischen dem 10.04.1972 und 31.12.2004 als Organisationsprogrammierer bei der Firma W P GmbH in V-S beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug bis 30.04.2002 37,5 Stunden. In der Zeit von Mai 2001 bis September 2001 belief sich sein Bruttogehalt auf monatlich 10.210,00 DM (5.220,00 €) und von Oktober 2001 bis April 2002 auf monatlich 9.194,20 DM bzw. 4.700,92 €. Zwischen dem 01.05.2002 und 31.12.2004 betrug die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 23,75 Stunden pro Woche, wobei sich die wöchentliche Arbeitszeit unter dem Vorbehalt, dass bei Bedarf in gegenseitiger Abstimmung Abweichendes jederzeit vereinbart werden konnte, wie folgt verteilte: Montag: ganztägig, Dienstag bis Donnerstag: halbtägig und Freitag: frei. Das Bruttogehalt hierfür belief sich im Mai und Juni 2002 auf jeweils 3.642,47 € und im Anschluss daran monatlich auf 3.313,75 €. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine vom Arbeitgeber bestätigte Kündigung des Klägers vom 30.09.2004 zum 31.12.2004.
Am 01.10.2004 meldete sich der Kläger arbeitslos. Im beigefügten Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Arbeitsaufgabe gab er an, dass er seit Mai 2002 krankheitsbedingt in Teilzeit gearbeitet habe; sein behandelnder Internist Dr. M bestätigte, dass er die Programmiertätigkeit nicht mehr verrichten könne und er ihm dringend geraten habe, die Beschäftigung aufzugeben.
Mit Bescheid vom 03.01.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger, dem ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit Funktionseinschränkungen bescheinigt worden war, ab 01.01.2005 für 960 Tage Alg unter Zugrundelegung der Steuerklasse III, des allgemeinen Leistungssatzes und eines täglichen Bemessungsentgelts von 108,65 € in Höhe von täglich 44,23 €.
Dagegen legte der Kläger am 14.01.2005 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass er bereits ab Donnerstag, den 30.12.2004, beschäftigungslos gewesen sei, nachdem er freitags generell nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei, so dass sich die Berechnung des Alg nach der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) richte. Dies habe, da sich der Bemessungszeitraum um die Dauer der Teilzeitarbeit nach hinten verschiebe, unter Zugrundelegung eines Bemessungszeitraums vom 01.05.2001 bis 30.04.2002, ein Bemessungsentgelt von 1.135 € zur Folge, was einem Alg von täglich 59,25 € entspreche. Selbst wenn sich das Alg auf der Grundlage der ab 01.01.2005 geltenden Vorschriften errechne, würde sich die Rechtslage nicht anders darstellen. Auch in diesem Falle dürfe das Teilzeitentgelt nicht berücksichtigt werden, da § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung getrennt von Abs. 1 zu lesen sei, was bedeute, dass der Bemessungszeitraum - wie bisher - durch die Nichtberücksichtigung von Zeiten der Teilzeitarbeit nach hinten verlagert werden müsse, so dass sich der Bemessungsrahmen auch insoweit auf den 01.05.2001 bis 30.04.2002 erstrecke. Hieraus errechne sich ein tägliches Leistungsentgelt von 99,24 € und dementsprechend ein tägliches Alg von 59,54 €. Die Vorschrift des § 130 Abs. 2 Nr. 4 SGB III habe keinen zwingenden Charakter und sei nur dann anzuwenden, wenn dies zu Vorteilen für den Arbeitslosen führe. Im Übrigen sei er im Hinblick auf seine Entscheidung, beim Arbeitgeber zu kündigen, von der Beklagten im Jahr 2004 falsch beraten worden.
Nach Anhörung des Klägers nahm die Beklagte mit Bescheid ...