Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die zum 1.1.2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14.11.2003 (BGBl I 2003, 2190) eingeführte Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in der Kranken- und Pflegeversicherung (hier: aus einer im Jahr 1990 als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung) gem § 229 Abs 1 S 3 SGB 5 idF vom 14.11.2003 verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
2. Die Kapitalleistung darf der Beitragserhebung zugrunde gelegt werden, weil sie eine der Rente vergleichbare Einnahme (§ 226 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5) iS des § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 darstellt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Karlsruhe vom 3. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (Beitragspflicht für eine Kapitalzahlung aus einer Lebensversicherung) streitig.
Der 1941 geborene Kläger ist seit dem 1. September 2001 als Rentner freiwillig kranken- und pflegeversichertes Mitglied der Beklagten. Er war als Dipl.-Chemiker bis zum 31.03.1997 bei der Firma S. in F. a. M. beschäftigt. Seit 01.04.1997 ist er krankheitsbedingt im vorzeitigen Ruhestand.
Die Firma S. hatte für den Kläger im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung eine Kapitallebensversicherung bei der A. L. AG abgeschlossen. Nach seinem Ausscheiden aus der Firma S. finanzierte er die Versicherung selbst. Am 18.12.2003 kündigte er die Lebensversicherung und erhielt am 01.01.2004 eine Auszahlung in Höhe von 191.735,62 EUR.
Die Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 29. März 2004 den Beitrag des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung neu fest. Zur Begründung führte sie aus, bei der Kapitalzahlung der A. L. AG zum 01.01.2004 handele es sich um eine betriebliche Altersversorgung. Derartige Kapitalzahlungen seien 10 Jahre lang beitragspflichtig, wobei 1/120 der Summe zu berücksichtigen sei. Die beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers erhöhten sich daher um 1.597,80 EUR. Aus diesen Bezügen resultiere deswegen ein Monatsbeitrag von 372,83 EUR zur gesetzlichen Krankenversicherung und von 46,26 EUR zur Pflegeversicherung, d. h. insgesamt 419,09 EUR.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, sein Anteil an der Beitragssumme der Lebensversicherung betrage ca. 30 Prozent, da er die Versicherung am 01.04.1997 privat übernommen habe. Von seiner gesetzlichen Rente allein könne er nicht leben, die Kapitalzahlung der A. L. AG diene ihm als zweites Standbein der Altersversorgung. Er sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass diese Zusatzvorsorge beitragspflichtig sei und überdies noch sein privat getragener Anteil berücksichtigt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, bei freiwilligen Mitgliedern würden zum Zwecke der Gleichbehandlung mit versicherungspflichtigen Beschäftigten auch Versorgungsbezüge berücksichtigt, d. h. auch Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung erzielt würden und unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Beschäftigungsverhältnisses zuflössen. Die Beitragspflicht bestehe unabhängig davon, wer die Beiträge dafür gezahlt habe. Bei der zum 01.01.2004 ausgezahlten Kapitalleistung in Höhe von 191.735,62 EUR handele es sich um eine solche einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung, die deswegen längstens bis zum 31.01.2014 der Beitragspflicht mit 1/120 des Auszahlungsbetrages unterliege.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, regulärer Fälligkeitstermin sei erst der 01.01.2006 gewesen. Die Kapitalzahlung habe allein dazu gedient, eine am 23.12.2003 erworbene Eigentumswohnung zu finanzieren. Seine gesetzliche Rente betrage lediglich 1.123,56 EUR. Nach Abzug der Wohnkosten und des früheren Beitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 173,03 EUR sei ihm ein Einkommen verblieben, das gerade soeben gereicht habe. Die Erhöhung des monatlichen Beitrags um 246,06 EUR auf 419,09 EUR stelle deswegen eine unbillige Härte für ihn da, mit der er bei Kündigung des Lebensversicherungsvertrages und Kauf der Eigentumswohnung nicht gerechnet habe. Durch die Gesetzesänderung seien seine Vermögens- und Altersdispositionen zunichte gemacht. Das Fehlen einer Übergangsregelung halte er für verfassungswidrig.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Februar 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 8. Februar 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Beitrag...