Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Ein-Euro-Job. Aufhebung des Heranziehungsbescheids. Arbeitsleistung ohne Rechtsgrund. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. kein Lohnanspruch nach § 612 Abs 2 BGB
Leitsatz (amtlich)
Wird der Bescheid über die Heranziehung zu einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung aufgehoben, ist die Arbeit rechtsgrundlos erbracht. Als Anspruchsgrundlage für einen finanziellen Ausgleich kommt ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Betracht. Dieser setzt jedenfalls voraus, dass beim vorliegend beklagten Leistungsträger ein Vermögenszuwachs verbleibt. Dies ist im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 16.12.2004 - 5 C 71/03 = DVBl 2005, 781) im Wege einer Saldierung der ortsüblichen bzw tariflichen Entgelte mit den bezogenen Sozialleistungen zu beurteilen.
Orientierungssatz
Arbeitsgelegenheiten gem § 16 Abs 3 S 2 Halbs 2 SGB 2 aF begründen kein Arbeitsverhältnis, so dass keine Lohnansprüche nach § 612 Abs 2 BGB entstehen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine angemessene Vergütung dafür, dass er vom 25. April 2005 bis zum 18. Mai 2005 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung tätig geworden ist.
Der am … 1953 geborene Kläger ist ledig und kinderlos. Er bezieht seit dem 1. Januar 2005 von der Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Mit Bescheid vom 22. Dezember 2004 (Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2005) bewilligte die Beklagte dem Kläger monatlich für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 Leistungen i.H.v. 615,68 € monatlich, wobei sie einen Betrag von 345,- € als Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und einen Betrag von 270, 68 € als Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigte.
Mit Bescheid vom 24. März 2005 verpflichtete die Beklagte den Kläger dazu, einen Zusatzjob für die Dauer von sechs Monaten auszuüben. Hierfür erhalte der Kläger eine Mehraufwandsentschädigung von 1,- € pro geleisteter Arbeitsstunde. Sie führte hierzu an, dass, nachdem eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen sei, die aufgeführten Inhalte als Verwaltungsakt geregelt werden. Dem Bescheid war ein Vermittlungsvorschlag für die Tätigkeit als Bürohilfskraft bei der Stadt Mannheim - Fachbereich soziale Sicherung - für die Mithilfe bei der Korrespondenz mit anderen Dienststellen und Behörden beigefügt. Der Kläger bewarb sich - erfolglos - für diese Tätigkeit; die Stelle war jedoch bereits anderweitig vergeben. Daraufhin schlug die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 6. April 2005 eine Arbeitsstelle als Umzugshelfer bei der Stadt Mannheim - soziale Sicherung - für vorbereitende Arbeiten für den Umzug des Fachbereichs Gesundheit vor.
Am 6. April 2005 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 24. März 2005 Widerspruch. Zu dessen Begründung trug er vor, der Bescheid sei materiell und formell fehlerhaft. Soweit der Bescheid als Ersatz für eine Eingliederungsvereinbarung ergangen sei, sei mit ihm zu keinem Zeitpunkt eine individuelle Chanceneinschätzung besprochen worden. Auch sei nicht ersichtlich, ob es sich bei dem im Bescheid genannten Zusatzjob um eine Arbeitsgelegenheit im Sinne einer zusätzlichen Tätigkeit handle.
Nachdem der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) beantragte, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen (Az.: S 8 AS 1011/05 ER) nahm die Beklagte den Bescheid vom 24. März 2005 mit Schreiben vom 27. April 2005 zurück. Mit Beschluss vom 12. Mai 2005 hat das SG sodann den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wegen fehlenden Rechtschutzbedürfnisses abgelehnt.
Der Kläger hat sodann ab dem 25. April 2005 bis zum 18. Mai 2005 als Umzugshelfer gearbeitet und erhielt hierfür eine Mehraufwandsentschädigung von 1,- € pro Stunde.
Am 27. Juni 2005 erhob der Kläger Klage zum Arbeitsgericht Mannheim, mit welcher er die Verurteilung der dort beklagten Stadt Mannheim zur Zahlung eines Betrages von 576, - € nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit begehrte (Az.: 3 Ca 293/05). Mit Urteil vom 22. September 2005 wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es an, dass der klägerseits geltend gemachte Betrag nicht als Arbeitsentgelt beansprucht werden könne, da der Kläger nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig geworden sei.
Am 21. März 2006 hat der Kläger Klage zum SG erhoben, mit welcher er die Verurteilung der Beklagten begehrte, ihm eine angemessene Vergütung für die von ihm im Zeitraum vom 25. April 2005 bis einschließlich 18. Mai 2005 erbrachte Arbeit unter Anrechnung des ihm gewährten Arbeitslosengeld...