Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung von Krankenhausleistungen nach dem DRG-System. Auslegung von Vergütungsregelungen. Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse bei Beanstandungen. Erforderlichkeit der Einschaltung des MDK

 

Orientierungssatz

1. Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben und lassen keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen zu (vgl BSG vom 18.9.2008 - B 3 KR 15/07 R = SozR 4-2500 § 109 Nr 11). Eine erweiterte Auslegung über den eigentlichen Wortlaut hinaus, hier der Kodierung T86.82 (Versagen und Abstoßung sonstiger transplantierter Organe und Gewebe - Pankreastransplantat) nach ICD 10, kommt deshalb nicht in Betracht.

2. Ein Universitätsklinikum kann nicht mit Erfolg einwenden, die Krankenkasse habe stets zunächst den vollen Rechnungsbetrag zu zahlen und erst nach Ausgleich der Rechnung die Möglichkeit, Beanstandungen zu äußern.

3. Die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung kann erforderlich sein, wenn die Erkrankung des Versicherten dies bedingt und es notwendig ist, dass der medizinische Sachverhalt abzuklären ist. Dazu gehört jedoch nicht die Kodierung einer unstreitigen Erkrankung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.11.2012; Aktenzeichen B 1 KR 14/12 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf € 23.711,50 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob das klagende Universitätsklinikum (im Folgenden Klägerin) Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung in Höhe weiterer € 23.711,50 hat.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Hochschulklinikum. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte und am 1948 geborene W. H. (Versicherter) wurde dort vom 30. April bis 28. Mai 2007 stationär behandelt. Am 01. Mai 2007 wurde bei ihm eine simultane allogene Pankreas-/Nierentransplantation mit portal-venösenteraler Drainage und simultaner Appendektomie durchgeführt. Im Anschluss daran war der Versicherte sofort dialysefrei. Die Kreatinin-Werte fielen auf Werte um 1,5 mg/dl ab. Die Funktion des Transplantat-Pankreas verschlechterte sich nach anfänglich guten Blutzuckerwerten postoperativ zunehmend. Zeitweise hatte der Versicherte einen Insulinbedarf von über 20 IE. Die MR-Angio vom 09. Mai 2007 zeigte ein homogen perfundiertes Transplantat ohne Zeichen der Pankreatitis. Bei Verdacht auf isolierte Pankreas-Abstoßung wurde aber dennoch am 09. Mai 2007 eine Cortison-Stoß-Therapie durchgeführt. Der eingelegte Splint wurde am 15. Mai 2007 zystoskopisch entfernt. Die anschließend durchgeführte abdominelle Sonographie ergab einen regelrechten Befund. Die duplex-sonographisch durchgeführten Kontrollen des Nierentransplantates ergaben eine homogen perfundierte Niere mit normalen Widerstands-Indices ohne Hinweise für eine Transplantatarterienstenose. Auch die am 25. Mai 2007 bei schwankenden Kreatininwerten durchgeführte perkutane Nierenbiopsie ergab keinen Hinweis für eine Abstoßung. Bei Entlassung aus der stationären Behandlung am 28. Mai 2007 war der Versicherte seit fünf Tagen insulinfrei (Entlassungsbericht des Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Klinik der Klägerin, vom 28. Mai 2007). Am 06. August und 28. September 2007 stellten die den Versicherten behandelnden Internisten Dres. Seuffert, Reyher und Vögtle Verordnungen von Krankenhausbehandlungen bei der Klägerin aus. Als Diagnose in der Verordnung vom 06. August 2007 wurde angegeben: Zustand nach simultaner Nieren-/Pankreastransplantation am 01. Mai 2007, simultane Appendektomie, verzögerte Funktionsaufnahme des PTX bei Verdacht auf Abstoßung mit Cortison-Stoß-Therapie. Die Diagnose in der Verordnung vom 28. September 2007 lautete: Stat. Transplant Freiburg bei Hb-Abfall 7,1 g/dl -G-; Zustand nach simultaner Nieren-/Pankreastransplantation

 am 01. Mai 2007, simultane Appendektomie, verzögerte, handschriftlich ergänzt, Dialyse, NTx-Versagen unklarer Genese. Im November 2007 wurde der Versicherte erneut auf die Warteliste zur Nierentransplantation bei Eurotransplant aufgenommen.

Die Klägerin stellte für die Behandlung des Versicherten am 14. Juni 2007 die Diagnosis Related Groups (DRG) nach dem Fallpauschalen-Katalog 2007 A02A (Transplantation von Niere und Pankreas mit Transplantat-Abstoßung) in Rechnung. Sie kodierte nach der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme 10. Revision, Version 2004 (ICD 10) als Diagnose u. a. T86.82 (Versagen und Abstoßung sonstiger transplantierter Organe und Gewebe - Pankreastransplantat) und gab als Prozeduren u.a. am 02. Mai 2007 O...

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