Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Begriff der Pflegeperson. Verhinderungspflege. Ersatzpflege. erwerbsmäßige Ausübung
Orientierungssatz
1. § 39 SGB 11 knüpft hinsichtlich des Begriffes der Pflegeperson an § 19 SGB 11 an. Der Begriff kann nicht dahingehend einschränkend ausgelegt werden, dass Pflegepersonen iS des § 39 SGB 11 nur jene Personen sind, die die notwendige Pflege ständig und nicht unterbrochen durch Heimaufenthalte erbringen. Als Anspruchsvoraussetzung für die Inanspruchnahme einer Ersatzpflege hat der Gesetzgeber lediglich eine Mindestpflegedauer von zwölf Monaten vorgesehen.
2. Bei einer nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegeperson wird nur das übliche Pflegegeld nach § 37 Abs 1 SGB 11 in Höhe der jeweils festgestellten Pflegestufe bezahlt.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger die Kosten einer selbst beschafften Pflegekraft als Verhinderungspflege im Sinne des § 39 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) zu erstatten hat.
Der ... 1983 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Seit 31. Juli 1997 ist er in der C Schulgemeinschaft F (Heimsonderschule) untergebracht. Aufgrund dieser Unterbringung erbringt die Beklagte Leistungen nach § 43a SGB XI. Während der heimbetreuungsfreien Zeiten (Wochenenden, Ferien) lebt der Kläger im Haushalt seiner Mutter, von der er dann gepflegt wird; in dieser Zeit bezieht der Kläger ein anteiliges Pflegegeld nach Pflegestufe II.
Am 07. Juli 1999 beantragte der Kläger durch seine Mutter häusliche Pflegehilfe bei Urlaub oder Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 SGB XI) für die Zeit vom 16. bis 29. August 1999. Zur Begründung ihrer Verhinderung gab sie an, alleinerziehend und ganztags berufstätig zu sein, weshalb es ihr nicht möglich sei, während der Ferienzeit ihres Sohnes sechs Wochen Urlaub zu nehmen. Während ihrer Verhinderung werde die Pflege durch den Heilerzieher Roland M durchgeführt, wofür Kosten in Höhe von wöchentlich DM 700,00 entstünden.
Mit Schreiben vom 09. Juli 1999 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers mit, bei Sicherstellung der Ersatzpflege durch eine Pflegeperson, welche nicht erwerbsmäßig pflege (Privatperson), dürften die Aufwendungen der Pflegekasse den Betrag des Pflegegeldes der festgestellten Pflegestufe nach § 37 SGB XI nicht überschreiten. Zusätzlich könnten gegen Nachweis allerdings notwendige Aufwendungen der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege, wie beispielsweise Fahrkosten, übernommen werden. Für die Zeit vom 16. bis 29. August könne daher das Pflegegeld nach Pflegestufe II zur Verfügung gestellt werden. Hiergegen ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten unter Hinweis auf die zum 01. August 1999 in Kraft getretene Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 4 SGB XI einwenden, dass nur in den dort genannten Fällen der Verwandtschaft oder Schwägerschaft nicht von einer erwerbsmäßigen Pflege auszugehen sei. Daher sei in allen anderen Fällen von Erwerbsmäßigkeit auszugehen, weshalb die Kosten für die mit ihm nicht verwandte oder verschwägerte Pflegekraft in voller Höhe zu übernehmen seien. Die Beklagte holte Auskünfte über die Heimabwesenheitszeiten des Klägers bei der C Schulgemeinschaft F und bei der Körperbehindertenförderung Neckar-Alb in M ein, wo dieser zuvor bis 30. Juli 1997 untergebracht war.
Mit förmlichem Bescheid vom 19. November 1999 führte die Beklagte sodann aus, dass für die heimbetreuungsfreien Zeiten ausschließlich ein Anspruch nach den §§ 36 bis 38 SGB XI bestehe. Nachdem es sich bei der Ersatzpflegeperson M nicht um einen ambulanten Pflegedienst handele, der über einen Versorgungsvertrag im Sinne des § 72 SGB XI verfüge, könnten Pflegesachleistungen nicht gewährt werden. Da die Pflege im häuslichen Bereich während der heimbetreuungsfreien Zeit selbst sichergestellt werde, bestehe ein Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI für eine selbst beschaffte Pflegehilfe. Durch die Zuordnung zu Pflegestufe II betrage das Pflegegeld daher DM 800,00 je Kalendermonat. Im Hinblick auf die mitgeteilte heimbetreuungsfreie Zeit vom 18. Juli bis 28. August 1999 ergebe sich unter Berücksichtigung von Abhol- und Bringtag eine Pflege im häuslichen Bereich vom 17. Juli bis 29. August 1999. Der Pflegegeldanspruch belaufe sich für die Zeit vom 17. bis 31. Juli daher auf DM 400,00 (DM 800,00: 30 x 15 Tage) und für die Zeit vom 01. bis 29 August auf DM 773,33 (DM 800,00: 30 x 29 Tage), für die genannte Zeit daher insgesamt auf DM 1.173,33. Nachdem die Pflegekasse für den Zeitraum vom 17. Juli bis 15. August 1999 bereits einen Betrag in Höhe von DM 800,00 bereitgestellt habe, bestehe noch ein Restanspruch von DM 373,33, der kurzfristig zur Verfügung gestellt werde. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten das Attest des Kinderarztes Dr. D vom 12. Januar 2000 vor und machte geltend, aufgrund seiner gesundheitlichen Situation sei eine Kurzzeitunterbringung in einem H...