Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursausfallgeld. Höhe. Verschiebung des Konkursausfallgeldzeitraumes. Kenntnis des Arbeitnehmers. Europarecht. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. § 141b AFG ist nicht dahingehend auszulegen, daß es für die Bestimmung des Konkursausfallgeldzeitraumes auf die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ankommt.
2. § 141b Abs 4 AFG ist zwar auch auf die anderen Insolvenzereignisse (also die Konkurseröffnung und die Einstellung der Betriebstätigkeit) auszudehnen (für den Fall der Konkurseröffnung vgl BSG vom 16.11.1984 - 10 RAr 17/83 = SozR 4100 § 141b Nr 34). Die gilt aber nur für diese Insolvenzereignisse und nur für den Fall der Unkenntnis.
3. Eine Verschiebung des Konkursausfallgeldzeitraumes kommt hier auch nicht nach europarechtlichen Vorschriften in Betracht.
4. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 141b AFG bestehen nicht.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um höheres Konkursausfallgeld (Kaug).
Die 1960 geborene Klägerin erhielt von ihrer damaligen Arbeitgeberin, der L GmbH in B letztmals für Mai 1992 Arbeitsentgelt. Das ihr zustehende Bruttoarbeitsentgelt betrug bis einschließlich Juli 1992 3.600,-- DM, wobei im Juli zusätzlich ein Urlaubsgeld von 810,-- DM brutto zu zahlen war, und verringerte sich ab 01.08.1992 infolge einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 2.700,-- DM (August und September 1992) bzw. 2.610,-- DM (Oktober 1992). Daraus ergaben sich Nettolohnansprüche von 1.796,43 DM für Juni 1992, 2.188,48 DM für Juli 1992, je 1.506,33 DM für August und September 1992 und 1.438,82 DM für Oktober 1992. Am 19.08.1992 stellte die L GmbH Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens, worauf die Klägerin am 20.08.1992 Kaug beantragte. Das Konkursgericht lehnte am 30.10.1992 die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse ab.
Mit Bescheid vom 02.12.1992 bewilligte die Beklagte der Klägerin Kaug für die Zeit vom 30.07. bis 29.10.1992 in Höhe von 4.576,10 DM. Dabei legte sie ihrer Berechnung die in der Verdienstbescheinigung vom 23.11.1992 (Bl. 4 Kaug-Akten) aufgeführten Beträge zugrunde. Der Widerspruch, mit dem die Klägerin Kaug für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.1992 begehrte, wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 30.12.1992). Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach der gesetzlichen Regelung sei Kaug für die letzten der Ablehnung des Konkursantrags am 30.10.1992 vorausgehenden drei Monate zu gewähren. Die hiergegen am 11.01.1993 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 28.02.1996). Dem Urteil ist die Rechtsmittelbelehrung beigefügt, daß es mit der Berufung angefochten werden könne. Es wurde der Klägerin am 25.07.1996 zugestellt.
Gegen die von der Klägerin hiergegen beim erkennenden Senat am 29.07.1996 eingelegte Berufung hat die Beklagte eingewendet, die Berufung sei unzulässig, da der Klägerin bei Zugrundelegung des von ihr für richtig gehaltenen Kaug-Zeitraums nur 915,14 DM mehr zustünden, als bereits gewährt worden seien, nämlich 5.491,24 DM statt 4.576,10 DM. Die Klägerin ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, der bereits gewährte Betrag sei nicht Streitgegenstand und daher nicht von dem von ihr begehrten Kaug abzuziehen. Für den Fall, daß der Senat die Berufung als unzulässig ansehe, erkläre sie höchstfürsorglich, daß der Berufungsschriftsatz als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ausgelegt werden solle.
Mit Beschluß vom 10.10.1996 hat der erkennende Senat die Berufung als unzulässig verworfen und die Revision nicht zugelassen. Die Berufung sei nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung betreffe, 1.000,-- DM übersteige, oder wenn sie vom SG im Urteil zugelassen worden sei. Beide Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Da die Differenz zwischen dem beanspruchten und dem gezahlten Kaug lediglich 915,14 DM betrage, übersteige der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,-- DM nicht. Die Berufung sei vom SG auch nicht zugelassen worden, da sich aus dem angefochtenen Urteil keine Entscheidung über die Zulassung ergebe. Die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung, wonach die Berufung zulässig sei, stelle keine Zulassung dar.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 21.10.1996 zugestellten Beschluß beim Bundessozialgericht (BSG) Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) eingelegt, auf die das BSG die Revision zugelassen hat (Beschluß vom 12.02.1998).
Ferner hat sie am 04.11.1996 beim erkennenden Senat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG erhoben, der das SG nicht abgeholfen (Beschluß vom 28.02.1997) und die es samt Akten zur Entscheidung vorgelegt hat. Der Senat hat auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten im Hinblick auf das Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Beschluß vom 24.09.1998).
Das BSG hat die Revision ohne mündliche Verhandlung durch Urteil vom 11.05.1999 im wesentlichen mit der Begrü...