Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. objektiver Unterlassungszwang. schwere Hauterkrankung. Ausnahme bzw Verzicht auf Unterlassungszwang: generelle Schutzmaßnahme und eine MdE in Höhe von 10 vH im Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Schutzregelung. Abgrenzung: persönliche Schutzmaßnahme. Estrichleger
Leitsatz (amtlich)
Lediglich wenn der Versicherte infolge von generellen Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit in vollem Umfang weiterzuführen, kann eine Berufskrankheit nach der BKV Anl Nr 5101 entschädigt werden, wenn die berufsbedingte Erkrankung im Sinne dieser Vorschrift im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Schutzmaßnahmen bereits eine MdE um mindestens 10 vH bedingte (vgl BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 5/03 R = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 5101 Nr 1). Dies gilt nicht für den Fall, dass der Versicherte durch den Einsatz persönlicher Schutzmaßnahmen seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben kann.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. Februar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente unter Anerkennung einer Hauterkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.
Der 1942 geborene Kläger war nach Angabe seines Arbeitgebers seit November 1969 als Estrichleger bei der Estrich B. GmbH in K. beschäftigt.
Am 23. März 1988 ging bei der Beklagten die Ärztliche Anzeige über eine BK der Hautärztin Dr. K. vom 3. März 1988 ein. Sie beschrieb als Beschwerden des Klägers ein ulceriertes Kontaktekzem am rechten Knie und gab an, sie gehe davon aus, dass beim Kläger ein Kontaktekzem als BK nach Nr. 5101 der BKV vorliege. Nach ihren weiteren Angaben führe der Kläger die bestehenden Beschwerden auf das Tragen eines Gummirings beim Fußboden zementieren zurück. Die Epikutantestung habe eine Sensibilisierung gegenüber Gummiinhaltsstoffen (Thiuramgemisch) ergeben. Die Beklagte wandte sich an das Gewerbeaufsichtsamt Stuttgart, das einen Hersteller für Knieschoner ohne den Gummiinhaltsstoff Tetramethylthiuramdisulfid (TMTD) ermittelte. Die Beklagte setzte den Arbeitgeber des Klägers hiervon mit der Bitte in Kenntnis, die entsprechenden TMTD-freien Knieschoner zu beschaffen und dem Kläger zur Verfügung zu stellen.
Am 25. August 2003 ging bei der Beklagten der Hautarztbericht des Dr. Z. vom 19.August 2003 ein, der in Bezug auf den Kläger von sporadischen Behandlungen beider Hände seit 1995 berichtete, als Untersuchungsbefund “licheningizierte„, teils tylotisch rhagadiforme Hautveränderungen im Bereich beider Hände palmar beschrieb, als Diagnose ein tylotisch, rhagadiformes Kontaktekzem sowie ein Kontaktekzem (L25.9) aufführte und als Maßnahmen neben einer Lokaltherapie (Salbentherapie und Lichtbehandlung) den Schutz vor Arbeitsstoffen vorschlug. Die Beklagte wandte sich an Dr. Z., der unter dem 14. November 2003 mitteilte, dass der Kläger vom 2. bis 30. Oktober 2003 stationär in der Klinik S., Fachklinik für Hautkrankheiten in B. M., behandelt worden sei, die Hautveränderungen anlässlich der letzten Vorstellung am 3. November 2003 abgeheilt gewesen seien und ein stabiler Zustand vorliege. Seinem Schreiben fügte er den Entlassungsbericht vom 30. Oktober 2003 über die genannte stationäre Behandlung bei.
Mit Schreiben vom 26. November 2003 berichtete Dr. Z. über die weitere Vorstellung des Klägers am 25. November 2003 und führte aus, seit dem Arbeitsversuch ab 1. November 2003 sei es zu einer erneuten Exazerbation der bekannten erythematösen kontaktallergischen Hautveränderungen palmar und patellar mit ausgeprägtem suberythrodermatischen Erscheinungsbild gekommen. Der Kläger sei derzeit berufsbedingt arbeitsunfähig. Die Beklagte zog von der Innungskrankenkasse S. das Vorerkrankungsverzeichnis bei und wandte sich erneut an Dr. Z., der unter dem 5. April 2004 den Behandlungsverlauf dahingehend beschrieb, dass es durch Einleitung einer UV-Therapie sowie systematischer antihistaminischer Therapie zwischenzeitlich zu einer mäßigen, jedoch stetigen Verbesserung der Hautveränderungen gekommen sei. Eine Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit empfehle er jedoch nicht, weil bei der bekannten TMTD-Sensibilisierung trotz des Tragens von Knieschonern eine Chronifizierung der Beschwerden zu befürchten sei.
Da beim Kläger weiterhin Arbeitsunfähigkeit bestand, veranlasste die Beklagte das Gutachten des Facharztes für Hautkrankheiten Dr. L. vom 13. Mai 2004. Dieser ging davon aus, dass es beim Kläger nach Karenz des Kontaktallergens Thiuram-Mix im August 2003 zu einem Rezidiv der Erkrankung gekommen sei, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die weitere Sensibilisierung gegenüber dem Vulkanisationsbeschleuniger Mercapto-Mix und Zinkdiethyldithiocarbamat, welche in Gummischutzhandschuhen, Unterlagsscheiben etc. enthalten se...