Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Leistungspflicht der Krankenkasse für Zahnersatz nur bis zum Festzuschuss. Gendefekt sämtlicher Zähne in Form der Dentinogenesis imperfecta bei einem Kind
Orientierungssatz
1. Das SGB 5 regelt in §§ 27 Abs 1 S 1 Nrn 2 und 2a, 28 Abs 2 iVm § 55 SGB 5 einen Katalog von Leistungen einschließlich der damit verbundenen Leistungsausschlüsse. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass dieser beschränkte Leistungskatalog verfassungsrechtlichen Anforderungen auch in den Fällen entspricht, in denen etwa die gesetzlich ausgeschlossene Art der Zahnersatzversorgung als einzig medizinisch sinnvolle Leistung in Betracht kommt (vgl BSG vom 23.5.2007 - B 1 KR 27/07 B).
2. Mit § 55 Abs 2 SGB 5 sollte sichergestellt werden, dass für einkommensschwache Versicherte die Kosten der jeweiligen Regelversorgung von der Krankenkasse vollständig übernommen werden. Der Gesetzgeber hat aber in § 55 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB 5 ausdrücklich festgestellt, dass die Krankenkassen auch bei einkommensschwachen Versicherten nur den doppelten Festzuschuss leisten, wenn diese, ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Lage, nach Abs 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wählen (hier für ein Kind, das an einem Gendefekt sämtlicher Zähne in Form der Dentinogenesis imperfecta leidet).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.09.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit seiner Klage von der Beklagten die volle Übernahme der tatsächlichen Kosten für seine Versorgung mit Zahnkronen, die zum überwiegenden Teil bereits erfolgt und bezüglich vier weiterer Zähne vorgesehen ist.
Der 1999 geborene Kläger ist bei der Beklagten familienversichert. Er leidet an einem Gendefekt sämtlicher Zähne in Form der Dentinogenesis imperfecta, einer Fehlentwicklung bzw. Strukturstörung der Zahndentitionen, die eine starke Abrasion der Zähne zur Folge hat.
Die Eltern des Klägers legten einen Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Prof. Dr. E. vom 06.03.2008/14.03.2008 (Bl. 3 f. d. Verw.-Akten) mit der Bitte um volle Kostenübernahme vor. In dem Heil- und Kostenplan ist für die Zähne 11, 12, 14, 15, 16, 21, 22, 24, 25, 26, 31, 32, 36, 41, 42, 46 der Befund "erhaltungswürdiger Zahn mit weitgehender Zerstörung". Als Therapie ist eine Versorgung mit vollkeramischen oder keramisch vollverblendeten Edelstahlkronen vorgesehen.
Der Zahnarzt Dr. Sch. von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg nahm im Verwaltungsverfahren im Mai 2008 dahingehend Stellung, dass sich die klinische Situation bei dem Kläger dramatisch verschlechtert habe und mehrere Zähne erhebliche Defekte und eine aufweichende Zahnhartsubstanz aufwiesen. Somit sei die Überkronung aller Zähne erforderlich. Durch Bescheid vom 15.05.2008 (Bl. 11 f. d. Verw.-Akten) genehmigte die Beklagte den vorgelegten Heil- und Kostenplan für eine gleichartige Versorgung und teilte mit, dass der befundbezogene Festzuschuss, der an den Zahnarzt nach Durchführung der Behandlung überwiesen werde, 3.113,24 € betrage, wobei sich aus den Berechnungen auf dem beigefügten Heil- und Kostenplan ergibt, dass ein um 30% erhöhter Festzuschuss zugrunde gelegt worden war.
Mit Schreiben vom 19.07.2008 baten die Eltern des Klägers um die Benennung alternativer Behandlungsmöglichkeiten, nachdem die Beklagte die Kosten entsprechend dem Kostenvoranschlag nicht übernehme. Mit Schreiben vom 04.08.2008 (Bl. 18 d. Verw.Akten) legten die Eltern des Klägers Widerspruch ein und bestanden auf einer vollen Kostenübernahme. Im September 2008 stellte der Kläger durch seine Eltern einen Antrag auf einen Zuschuss zum Zahnersatz wegen eines Härtefalls (Bl. 22 f. d. Verw.-Akten). Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse wird auf den Einkommensteuerbescheid 2007 sowie die eingereichten Verdienstabrechnungen (B1. 25 ff. d. Verw.-Akten) verwiesen.
Durch Bescheid vom 27.10.2008 wies die Beklagte den klägerischen Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach § 55 SGB V der Kläger Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz habe. Die Festzuschüsse umfassten 50 % der gesetzlich festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung, wobei der Festzuschuss beim Kläger um 30 % zu erhöhen sei. Ein Härtefall liege nicht vor.
Ein Teil der vorgesehenen Behandlung wurde in der Zeit vom 17.07. bis 13.08.2008 durchgeführt, wobei abweichend vom Heil- und Kostenplan die Überkronung der Zähne 14, 15, 24, 25 zurückgestellt wurde. Mit Rechnung vom 18.08.2008 berechnete der Zahnarzt Prof. Dr. E. hierfür Gesamtkosten in Höhe von 5.995,03 € abzüglich des Festzuschusses der Beklagten in Höhe von 2.279,52 €, sodass sich ein Versichertenanteil in Höhe von 3.715,51 € ergab. De...