Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattungsanspruch für Krankenhausbehandlung in Privatklinik. Systemversagen
Orientierungssatz
1. Ein Systemversagen kann sich daraus ergeben, daß ein ärztlicher Leistungserbringer die ihm kraft Zulassung übertragenen öffentlich-rechtlichen Informationspflichten gegenüber dem Versicherten nicht oder schlecht erfüllt hat, so daß dieser die vom ärztlichen Leistungserbringer veranlaßte objektiv ungerechtfertigte Fremdleistung im schutzwürdigen Vertrauen ("gutgläubig") als Kassenleistung in Anspruch genommen hat (vgl BSG vom 23.10.1996 - 4 RK 2/96 = BSGE 79, 190 = SozR 3-2500 § 13 Nr 12).
2. Ein Versicherter hat einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber seiner Krankenkasse für eine Krankenhausbehandlung in einer Privatklinik, wenn er zum Zeitpunkt der Verlegung aus einem zugelassenen Krankenhaus davon ausging, daß die dort zu erbringende Leistung aufgrund eines bestehenden Notfalls und fehlender Transportfähigkeit als Leistung der Krankenkasse erbracht wird.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Freistellung von Kosten für eine Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus streitig.
Der ... 1937 geborene Kläger, pflichtversichertes Mitglied der Beklagten, leidet an einer coronaren Herzerkrankung. Vom 18. September bis 02. Oktober 1997 befand er sich in stationärer Behandlung im Klinikum .... Dieses grenzt unmittelbar an das nicht zugelassene Krankenhaus Herz-Zentrum B (im folgenden: Herz-Zentrum) an, mit welchem es durch einen unterirdischen Gang verbunden ist.
Am 02. Oktober 1997 gegen 14.30 Uhr informierte der Oberarzt Dr. ... die Beklagte, daß der Kläger dringend in das Herz-Zentrum verlegt werden müsse. Er erhielt daraufhin die Mitteilung, eine Kostenübernahme komme nur bei Notfallpatienten in Betracht, die nicht innerhalb angemessener Zeit in ein ... Herzzentrum verlegt werden könnten. Noch am 02. Oktober 1997 wurde der Kläger in das benachbarte Herz-Zentrum verlegt, wo zunächst eine Linksherzkatheter-Untersuchung und anschließend eine Operation mit Ersatz einer Herzklappe durchgeführt wurde.
In der Folgezeit wurde der Beklagten seitens des Herz-Zentrums der Herzkatheterbericht vom 02. Oktober 1997 mit dem Hinweis vorgelegt, der Kläger sei am 02. Oktober 1997 um ca. 15.10 Uhr notfallmäßig aufgenommen worden. Nach Beiziehung des Behandlungsberichts des Klinikums K, des Berichts des Herz-Zentrums über den stationären Aufenthalt vom 02. bis 15. Oktober 1997 sowie des Operationsberichts vom 02. Oktober 1997 veranlaßte die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Dabei gelangte Dr. B ausweislich seines Gutachtens vom 23. Dezember 1997 zu der Auffassung, der Zustand des Klägers am 02. Oktober 1997 sei zwar so besorgniserregend gewesen, daß eine Verlegung zur operativen Behandlung der Aortenklappenendocarditis indiziert gewesen sei; den vorliegenden Unterlagen sei jedoch nicht zu entnehmen, daß die Situation zum Verlegungszeitpunkt so dramatisch gewesen sei, daß nicht auch eine Verlegung in ein Vertrags-Herzzentrum per Hubschraubereinsatz möglich gewesen wäre. Gestützt auf diese Begründung lehnte es die Beklagte dem Herz-Zentrum gegenüber mit Schreiben vom 02. Januar 1998 ab, die Kosten der Linksherzkatheter-Untersuchung vom 02. Oktober 1997 (Rechnung vom 17. November 1997 über 1.711,70 DM) sowie die Kosten der stationären Behandlung vom 02. bis 15. Oktober 1997 (Rechnung vom 17. November 1997 über 35.363,36 DM) zu übernehmen.
In der Folgezeit legte auch der Kläger die Rechnungen des Herz-Zentrums vom 17. November 1997 der Beklagten mit dem Antrag vor, ihn von den Kosten freizustellen. Mit Bescheid vom 27. März 1998 lehnte die Beklagte dem Kläger gegenüber die Kostenübernahme ab. Da das Herz-Zentrum kein zugelassenes Krankenhaus sei, könnten die Kosten der Behandlung nur übernommen werden, wenn ein Notfall vorgelegen hätte. Dies sei nach der Beurteilung des MDK jedoch nicht der Fall gewesen. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, trotz der im Klinikum K durchgeführten Antibiotikatherapie habe sich sein Gesundheitszustand ständig verschlechtert. Dabei sei es in der Nacht zum 02. Oktober 1997 zu einer weiteren Verschlechterung mit Anzeichen einer cardialen Dekompensation gekommen, was eine notfallmäßige Verlegung zur Herzklappenoperation in das Herz-Zentrum erforderlich gemacht habe. Nach Beurteilung der überweisenden Ärzte habe unmittelbare Lebensgefahr bestanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 1998 wies der bei der Beklagten eingesetzte Widerspruchsausschuß den Widerspruch im wesentlichen unter Wiederholung der Gründe aus dem angefochtenen Bescheid zurück.
Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht (SG) Konstanz Klage und wiederholte sein bisheriges Vorbringen. Darüberhinaus machte er geltend, eine Verlegung in ein zugelassenes Herzzentrum sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht mehr möglich gewesen. Angesichts seiner lebensbedrohlichen Situation sei ein Transport zu riskant u...