Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Bescheid des Berufungsausschusses als Gegenstand der Beurteilung. Verzicht eines zugelassenen Arztes einer Gemeinschaftspraxis auf die Zulassung. Nachbesetzungsverfahren. Rechte der verbleibenden Partner. Wirkung der Verzichtserklärung
Orientierungssatz
1.Der Bescheid des Berufungsausschusses tritt grundsätzlich als Regelung der Zulassungs- bzw Ermächtigungssache an die Stelle des vorangegangenen Bescheides des Zulassungsausschusses und bildet den alleinigen Gegenstand der weiteren Beurteilung der Zulassungs- bzw Ermächtigungssache (vgl BSG vom 27.1.1993 - 6 RKa 40/91 = SozR 3-2500 § 96 Nr 1).
2. Scheidet ein Arzt aus einer Gemeinschaftspraxis aus und endet seine Zulassung, so können die verbleibenden Partner die Ausschreibung des frei gewordenen Vertragsarztsitzes beantragen (vgl BSG vom 25.11.1998 - B 6 KA 70/97 = SozR 3-2500 § 103 Nr 3).
3. Unabhängig von einer späteren Willensänderung und auch unabhängig vom Zeitpunkt einer Beschlussfassung der Zulassungsgremien treten die Rechtsfolgen der Erklärung des Verzichts auf die Zulassung zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ein (vgl BSG vom 8.5.1996 - 6 RKa 20/95 = USK 96126).
4. Weder Art 12 Abs 1 GG noch Art 14 Abs 1 GG stehen der Wirksamkeit der Verzichtserklärung mit Zugang beim Zulassungsausschuss entgegen.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob der vom Beigeladenen Ziff. 8) erklärte und später widerrufene Zulassungsverzicht weiterhin wirksam ist.
Der Beigeladene Ziff. 8) wurde mit Wirkung vom 1. März 1999 als Praktischer Arzt für den Praxissitz in L. und zur Übernahme der Praxis von Dr. F. zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen (Beschluss vom 27. Januar 1999/Bescheid des Zulassungsausschusses vom 12. Februar 1999 - Bl. 48 f. Verwaltungsakte - VA -). Mit weiterem Beschluss vom 27. Januar 1999 bzw. Bescheid vom 12. Februar 1999 wurde den Klägern wie auch dem Beigeladenen Ziff. 8) mit Wirkung vom 1. März 1999 die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis in L. erteilt.
Am 10. Mai 2002 ging beim Zulassungsausschuss im Regierungsbezirk F. per Telefax ein Schreiben des Beigeladenen Ziff. 8) vom 10. Mai 2002 mit folgendem Wortlaut ein:
"Hiermit erkläre ich meinen Verzicht auf die Kassenzulassung zum nächstmöglichen Termin, beantrage die Ausschreibung des Sitzes in der Juniausgabe des Ärzteblattes Baden-Württemberg, sowie die Verkürzung der vorgeschriebenen Bewerbungsfrist auf zwei Wochen" (Bl. 60 VA).
Mit Formularantrag vom 13. Mai 2002 (Bl. 63 VA) - beim Zulassungsausschuss eingegangen am 21. Mai 2002 - erklärte der Beigeladene Ziff. 8) nochmals den Verzicht auf die Zulassung zur Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Der Antrag erhielt weiter den Zusatz, es werde um Verkürzung der Frist gemäß § 28 Abs. 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) auf das Datum der Sitzung des Zulassungsausschusses gebeten, da sich die Zusammenarbeit mit den Kollegen zunehmend schwieriger gestalte.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2002 - beim Zulassungsausschuss per Fax eingegangen am 22. Juni 2002 - teilte der Beigeladene Ziff. 8) mit, dass die Verhandlungen mit einer Bewerberin um die Praxisnachfolge in der Gemeinschaftspraxis gescheitert seien und er ungeachtet der noch offenen Nachfolge zum 30. Juni 2002 aus der Gemeinschaftspraxis in L. ausscheide. Er beabsichtige am 1. Oktober 2002 die Nachfolge von Dr. H.A. in Wehr anzutreten. Zugleich beantragte er, seine Zulassung ab 1. Juli 2002 ruhen zu lassen (Bl. 66 VA). Der Beigeladene Ziff. 8) schied zum 30. Juni 2002 aus der Gemeinschaftspraxis aus. Ab dem 1. Juli 2002 führten die Kläger die Gemeinschaftspraxis (alleine) weiter.
Mit Beschluss vom 17. Juli 2002 stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die Zulassung des Beigeladenen Ziff. 8) infolge Verzichtes am 30. Juni 2002 ende. Zum gleichen Datum werde auch der Verzicht wirksam. Des Weiteren wurde die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis mit den Klägern mit Wirkung vom 30. Juni 2002 widerrufen. Der schriftliche Bescheid trug das Datum 31. Juli 2002 und wurde auch an diesem Tag dem Beigeladenen Ziff. 8) per Post übersandt. Zuvor, nämlich am 26. Juli 2002 ging beim Zulassungsausschuss per Telefax ein Schreiben des damaligen Bevollmächtigten des Beigeladenen Ziff. 8) ein, in dem dieser mitteilte, er habe bereits mit Schreiben vom 11. Juli 2002 den durch den Beigeladenen Ziff. 8) ausgesprochenen Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung widerrufen (Bl. 71 ff. VA). Zugleich legte der Bevollmächtigte des Beigeladenen Ziff 8) mit Fax vom 26. Juli 2002 gegen den Bescheid vom 31. Juli 2002 Widerspruch ein. Er beantragte festzustellen, dass die Zulassung des Beigeladenen Ziff. 8) weiterhin wirksam sei. Zur Begründung führte er aus, dass der vom Beigeladene Ziff.8) erklärte Verzicht mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 11. Juli 2002 widerrufen worden sei (Bl. 71 f. VA)).