Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer rückwirkenden Abänderung eines Honorarverteilungsmaßstabes im Umlaufverfahren. aufgelöste fachübergreifende Gemeinschaftspraxis. Aufteilung der Vergütung auf verschiedene Honorartöpfe nach Zahl der Fachgruppenangehörigen. Honorarverteilungsgerechtigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Wirksamkeit eines von der Vertreterversammlung ohne ausdrückliche satzungsgemäße Grundlage im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses über die rückwirkende Abänderung des Honorarverteilungsmaßstabs.

2. Die Aufteilung der Vergütung einer aufgelösten fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis auf verschiedene Honorartöpfe entsprechend der Zahl der jeweiligen Fachgruppenangehörigen (nach Köpfen), verstößt gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wenn hierdurch eine Arztgruppe eine nicht hinnehmbare Verschlechterung (Absenkung des Durchschnittshonorars um über drei Prozent) erfährt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen B 6 KA 28/01 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Vergütung für das Quartal 2/97.

Die Kläger sind als Hautärzte zur vertragsärztlichen Versorgung in T.  zugelassen und üben ihre vertragsärztliche Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis  aus. Die Fachgruppe umfasst 70 Hautärzte in 54 Praxen.

Die Vertreterversammlung der Beklagten beschloss am 11.12.1996 mit Wirkung ab  1.1.1997 einen Honorarverteilungsmaßstab (HVM), in dem u. a. Honorartöpfe für  verschiedene Fachgruppen, darunter auch die Fachgruppe der Hautärzte und der  Anästhesisten, gebildet wurden (§ 6 Abs. 4b Sätze 1 und 2 HVM). Ärzte mit  Doppelzulassungen wurden entsprechend ihrem Fachgruppenschlüssel zugeordnet.  Das gleiche galt für fachübergreifende Gemeinschaftspraxen (§ 6 Abs. 4b Sätze  3 und 4 HVM).

Wegen der Einführung der Praxisbudgets zum 1.7.1997 beschloss die  Vertreterversammlung der Beklagten am 21.5.1997 einen neuen HVM, der zum  1.7.1997 in Kraft trat. In § 6 Abs. 4b HVM wurde folgender Satz 3 eingeführt:

"Sofern nach dem 1.7.1996 eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis  beziehungsweise

eine Gemeinschaftspraxis zwischen fachärztlich tätigen Internisten und  hausärztlich tätigen Internisten aufgelöst wurde, wird das Primärkassen- und  Ersatzkassenhonorar dieser Praxis durch die Anzahl und Mitglieder der  seinerzeitigen Gemeinschaftspraxis geteilt und das auf jedes Mitglied der  ehemaligen Gemeinschaftspraxis entfallende Honorar gemäß der Neugliederung der  Praxen dem entsprechenden Honorartopf entnommen bzw. zugefügt".

Die bisherigen Sätze 3 und 4 wurden zu Satz 4 und 5.

Über diesen neuen HVM informierte die Beklagte ihre Mitglieder im  Rundschreiben 4/97 vom 23.6.1997.

Nachdem die Beklagte bei Erstellung der Abrechnung für das Quartal 1/97 im  Zusammenhang mit der Auflösung einiger Gemeinschaftspraxen festgestellt hatte,  dass zum Beispiel das im ursprünglichen Honorartopf einer Fachgruppe  verbleibende gesamte Honorarvolumen einer aufgelösten größeren  Gemeinschaftspraxis wegen seines Umfanges zu erheblichen Verwerfungen in zwei  Fachgruppen ( 0,3 Pfennig-Punktwertveränderung) geführt hatte, hielt sie es  für erforderlich, § 6 Abs. 4b Satz 3 HVM bereits rückwirkend zum 1.1.1997  wirksam werden zu lassen. Dies teilte der Erste Vorsitzende der Beklagten den  Delegierten der Vertreterversammlung mit Schreiben vom 12.8.1997 mit und bat -  da wegen Erstellens der Abrechnung des Quartals 2/97 die nächste Sitzung der  Vertreterversammlung nicht abgewartet werden könne - um (schriftliche)  Zustimmung auf einem beiliegenden Antwortschreiben. Von 37 Rückmeldungen  stimmten 34 Delegierte mit Ja, zwei Delegierte mit Nein und ein Delegierter  enthielt sich der Stimme.

Im Rundschreiben 7/97 vom 15.10.1997 teilte die Beklagte ihren Mitgliedern  mit, die Vertreterversammlung habe in schriftlicher Abstimmung beschlossen,  die (im Rundschreiben wörtlich zitierte) Bestimmung des § 6 Abs. 4b Satz 3 HVM  auch für die Zeit vom 1.1.1997 bis 30.6.1997 in den HVM aufzunehmen.

Mit dem Abrechnungsbescheid vom 15.10.1997 setzte die Beklagte das Honorar der  Kläger für das Quartal 2/97 auf insgesamt DM 185.030,18 fest, wobei auf die  Primärkassen ein Betrag von DM 100.763,38 und auf die Ersatzkassen ein Betrag  von DM 79.993,09 entfiel.

In einem Begleitschreiben zur Honorarabrechnung des Quartals 2/97 vom  9.10.1997 informierte die Beklagte sämtliche Hautärzte, dass die  Vertreterversammlung rückwirkend den HVM mit Wirkung ab 1.1.1997 um die zuvor  genannte Bestimmung ergänzt habe und führte weiter aus, diese rückwirkende  HVM-Änderung bedeute für die Fachgruppe der Hautärzte - hier sei eine  fachübergreifende Gemeinschaftspraxis zwischen Hautärzten und Anästhesisten  aufgelöst worden -, dass sich der Punktwert für das Quartal 1/97 im  Primärkassenbereich von 7,2253 Pfennig auf 7,0234 Pfennig und im  Ersatzkassenbereich von 7,8338 Pfennig auf 7,5674 Pfennig ermäßige. Auf Grund  des bereits ergangenen Honorarbescheides werde von einer Nachberechnung für  das Quartal 1/97 abgesehen. Für die Abrec...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge