Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Ruhen. Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf Altersrente. Verwaltungsakt

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 134 Abs 3c S 1 AFG begründet eine Handlungsanweisung an das Arbeitsamt mit der Möglichkeit, bei atypischen und sinnwidrigen Fallgestaltungen von der Aufforderung zur Stellung des Rentenantrags abzusehen.

2. Zu einer derartigen Fallgestaltung zählt nicht, daß die zu beantragende Altersrente niedriger als die Arbeitslosenhilfe ist.

3. Bei der Aufforderung zur Stellung des Antrags auf Altersrente handelt es sich lediglich um eine behördliche Verfahrens- und Vorbereitungshandlung und nicht um einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit wird darüber geführt, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen der Weigerung ruht, einen wirksamen Antrag auf Altersrente zu stellen; ferner begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Aufforderung zu diesem Antrag rechtswidrig gewesen sei.

Der am geborene Kläger, verheirateter türkischer Staatsbürger, war vom 6. November 1973 bis 31. Oktober 1991 als Spinnereiarbeiter bei der S w U GmbH beschäftigt. Sein monatliches Brutto-Arbeitsentgelt betrug zuletzt durchschnittlich etwa DM 2.900,--. Das Arbeitsverhältnis endete aus gesundheitlichen Gründen. Der am 1. November 1991 einsetzende Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) war mit dem 30. September 1994 erschöpft. Anschließend bezog der Kläger vom Arbeitsamt F (ArbA) Alhi. Der zweite ein Jahr umfassende Bewilligungsabschnitt lief mit dem 30. September 1996 ab. Der wöchentliche Leistungssatz betrug bei Leistungsgruppe C/Kindermerkmal 0 zuletzt DM 307,80.

Unter dem 12. September 1996 stellte der Kläger den Fortzahlungsantrag auf Alhi für den mit 1. Oktober 1996 beginnenden weiteren Bewilligungsabschnitt. Das ArbA forderte ihn mit Schreiben vom 17. September 1996 gemäß der inzwischen geltenden Bestimmung des § 134 Abs. 3c des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) auf, innerhalb eines Monats Altersrente zu beantragen. Wenn ein solcher Antrag nicht gestellt werde, ruhe der Anspruch auf Alhi nach Ablauf eines Monats ab Zugang des Schreibens bis zu dem Tag, an dem Altersrente beantragt werde. Ferner war darauf hingewiesen, der Anspruch auf Alhi ruhe während der Zeit, für die eine Altersrente zuerkannt sei. Durch Bescheid vom 23. September 1996 bewilligte das ArbA die Alhi bei zunächst gleichbleibendem Leistungssatz für den Jahreszeitraum vom 1. Oktober 1996 bis 30. September 1997 weiter. Der Kläger erklärte gegenüber dem ArbA unter dem 19. September 1996, er wolle keine Altersrente beantragen, da er nur eine solche im Betrag von etwa DM 600,-- zu erwarten habe und deshalb weiterhin arbeitsuchend gemeldet sein wolle. Das ArbA erläuterte mit Schreiben vom 23. September 1996, dieser Beweggrund sei unerheblich. Daraufhin erhob der Kläger gegen die Aufforderung zur Rentenantragstellung Widerspruch. Diesen verwarf die Widerspruchsstelle des ArbA durch Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 1996 als unzulässig, da es sich bei der Aufforderung nicht um einen Verwaltungsakt handele.

Der Kläger stellte sodann zwar am 22. Oktober 1996 Antrag auf Altersrente von der Landesversicherungsanstalt Baden, erklärte diesen jedoch mit Schriftsatz vom 5. November 1996 für "ruhend". Das ArbA hatte bereits durch Bescheid vom 23. Oktober 1996 den Anspruch auf Alhi "wegen fehlender Mitwirkung ab 1. August 1996 in vollem Umfang" entzogen und in diesem Zusammenhang die Zahlung ab 25. Oktober 1996 eingestellt; auf den Widerspruch gegen den offenkundig fehlerhafte Daten zugrundelegenden Bescheid wurde im Hinblick auf die dem ArbA zwischenzeitlich bekanntgewordene Stellung des Rentenantrags jedoch durch Bescheid vom 8. November 1996 Alhi ab 25. Oktober 1996 bis 30. September 1997 weiterbewilligt (Änderung des wöchentlichen Leistungssatzes ab 1. Januar 1997 auf DM 303,60 durch Bescheid vom 13. Januar 1997). Der Kläger rügte (Schreiben vom 6. Dezember 1996), die Aufforderung zur Rentenantragstellung sei schon wegen fehlenden Ermessens unwirksam; inzwischen habe er wegen des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 1996 zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben (S 8 Ar 2991/96). Nachdem das ArbA von dem "Ruhen" des Rentenantrags erfahren hatte, erwiderte es mit Schreiben vom 11. Dezember 1996, eine nur formale Antragstellung sei nicht ausreichend; falls der Kläger diese Erklärung nicht bis 30. Dezember 1996 widerrufe, werde die Zahlung von Alhi nunmehr ab 1. Januar 1997 eingestellt. Der Kläger machte geltend, seine Regelaltersrente würde nur DM 765,38 gegenüber der monatlichen Alhi von derzeit DM 1.333,80 betragen; dies sei ein nicht zumutbarer eklatanter Unterschied. Nach einer Literaturmeinung (Winkler in info also 1996, 101, 103) dürfe das ArbA in einem solchen Fall nicht verfahren wie hier praktiziert. Das ArbA erließ daraufhin den Bescheid vom 30. Januar 1997. Der Anspruch auf Alhi werde nach der Bestimmung des § 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge