Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Nahrungsaufnahme. Arbeitspause in einem Mitarbeitercasino. Treppensturz vor Erreichen der Außentür

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Unfallversicherungsschutz eines Beschäftigten bei einem Sturz in einem vom Arbeitgeber ausschließlich für Betriebsangehörige zur Verfügung gestellten Pausenraum (Mitarbeitercasino).

 

Normenkette

SGB VII § 8 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 10; BGB § 611 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalles streitig.

Die 1956 geborene Klägerin ist seit 1991 bei der Firma A. GmbH & Co KG, die in H. ein Modegeschäft betreibt, als Verkäuferin beschäftigt. Nach einem Arbeitsbeginn am 10.09.2010 um 10:00 Uhr (mit Beschäftigungsende 19:00 Uhr) befand sich die Klägerin ab 16:22 Uhr zu einer Kaffeepause in einem sogenannten Mitarbeitercasino, einem vom Arbeitgeber im Betriebsgebäude für die Mitarbeiter zur Verfügung gestellten Pausenraum. Nach eigenen Angaben hatte die Klägerin mit ihrem Chip zuvor die Arbeitszeit ausgestochen. Bei Beendigung der Kaffeepause, 20 Minuten später, befand sie sich auf dem Weg aus dem Mitarbeitercasino und auf der 3. Stufe der Treppe in Richtung Ausgang, als sie bemerkte, dass sie noch einen Trinkbecher und eine Serviette, welche sie in der Hand hielt, zu entsorgen hatte. Sie drehte sich daraufhin auf der Treppe um, um zum Mülleimer zurückzugehen. Dabei verfehlte sie die nächste Treppenstufe und rutschte mit dem linken Fuß weg. Bei diesem Sturz zog sie sich eine Distorsion des oberen Sprunggelenkes links mit Ruptur des vorderen Außenbandes und dem Verdacht auf eine Teilruptur des mittleren und hinteren Außenbandes zu.

Nach den Angaben der Klägerin handelt es sich bei der in der Pause genutzten Räumlichkeit nicht um eine “Betriebskantine„, sondern um einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Pausenraum ausschließlich für Betriebsangehörige. Dieser ist mit einer kleinen Küche ausgestattet, es befindet sich dort eine Mikrowelle, ein Kühlschrank und ein Getränkeautomat mit preislich günstigen Getränken. Die Ausstattung beinhaltet bequeme Sitzecken, wobei die meisten Mitarbeiterinnen dort ihr selbst mitgebrachtes Essen verzehren.

Mit Bescheid vom 25.01.2011 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalles vom 10.09.2010 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme bestehende Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Tür des Mitarbeitercasinos geendet habe. Die Nahrungsaufnahme sowie der Aufenthalt im Mitarbeitercasino sei dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen. Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin auf die nach dem Arbeitszeitgesetz vorgeschriebene Ruhepause verwies und das Vorliegen eines Arbeits- bzw. Wegeunfalles geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2011 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.04.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, dass der Aufenthalt in Pausenräumen wie auch der Weg zu solchen Räumen versichert sei. Der Unfall habe sich in den Räumlichkeiten des Betriebes ereignet. Wege im Betrieb seien ebenfalls versichert. Als der Unfall geschah, habe sie sich nach Beendigung der Nahrungsaufnahme wieder auf dem Weg zur Arbeit befunden. Ob sie die Tür durchschritten habe oder nicht ändere nichts daran, dass sie von der Zielrichtung her bereits auf dem Rückweg gewesen sei. Schließlich hat sie geltend gemacht, dass ein besonderes betriebliches Interesse des Arbeitgebers bestehe, dass sich die Beschäftigten gerade in den betrieblichen Räumlichkeiten des Aufenthaltsraumes regenerierten. Die Verkäuferinnen müssten sich über viele Stunden auf den Beinen halten, sodass ihnen durch das Zurverfügungstellen geeigneter Räume zwecks ausreichender Regeneration die Möglichkeit eingeräumt werde, sich zu setzen, sich hinzulegen oder zumindest die Füße hochzulegen. Die Pause brauche nicht “verschenkt„ zu werden, indem erst einmal ein anderer Ort, wiederum zu Fuß, aufgesucht werden müsse. Für die Klägerin habe aufgrund der betrieblichen Umstände ein besonderer Grund bestanden, in der kurzen, zwanzigminütigen Pause und vom Arbeitgeber und nach der Gesetzeslage vorgeschriebenen Nachmittagspause gerade die Pausenräume des Arbeitgebers aufzusuchen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung auf die durch die Rechtsprechung vorgegebenen maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung des Versicherungsschutzes verwiesen. Die Ausführungen der Klägerin zum versicherten Tatbestand des Weges zur Nahrungsaufnahme werde nicht bestritten, sei hier aber nicht relevant. Es sei sicherlich bedauerlich, wenn wesentlich weitere Wege außerhalb des Betriebs...

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