Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Familienversicherung. Gesamteinkommen. Berücksichtigung von Rentenleistungen aus einer privaten Unfallversicherung in Höhe des Zahlbetrags. Unfall-Kombirente. Beschränkung der Steuerfreiheit in § 3 Nr 1 EStG auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Rentenleistungen aus einer privaten Unfallversicherung sind bei dem die Familienversicherung ausschließenden Gesamteinkommen des Familienangehörigen im Sinne des § 10 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn vertraglich als Versicherungsfall der Invalidität die Zuerkennung eines Pflegegrades bestimmt ist.
2. § 3 Nr 1 Buchst a EStG kann nicht auf Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung ausgedehnt werden.
3. Eine solche Rentenleistung ist nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 5 Halbs 2 SGB V nicht in Höhe des Ertragsanteils, sondern des Zahlbetrages zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
Die Beschränkung der Steuerfreiheit in § 3 Nr 1 EStG auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. September 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung ihrer Familienversicherung zum 30. April 2018.
Die 1983 geborene Klägerin war zunächst über ihren bei der Beklagten versicherten Ehemann, den Beigeladenen, familienversichert.
Wegen der Zuerkennung des Pflegegrads 2 gewährten ihr die privaten Versicherungsunternehmen A. Versicherung AG (im Folgenden A) und D., Zweigniederlassung der A, (im Folgenden D) rückwirkend ab Januar 2018 monatliche Renten in Höhe von 500,00 € (A) und 600,00 € (D) für zunächst zwölf Monate. Die Zahlungen für Januar bis Mai 2018 wurden jeweils am 20. April 2018 an die Klägerin überwiesen (Schreiben der A und D vom 20. April 2018). Seither werden diese Leistungen monatlich ausgezahlt. Diese Zahlungen beruhen jeweils auf einem Versicherungsvertrag über eine „Unfall-Kombirente“. Die beiden Versicherungsverträgen identisch zugrundeliegenden „Besonderen Bedingungen für die Versicherung einer Unfall-Kombirente“ (im Folgenden BUB), die im „Versicherungsschein Unfall-Versicherung“ wiedergegeben wurden, trafen insbesondere folgende Bestimmungen (Versicherungsschein „Unfall-Versicherung“; Versicherungs-Nr.: 68130051242; Bl. 14 bis 31 der SG-Akte):
1 Präambel
Die Unfall-Kombirente ist eine eigenständige Leistungsart im Rahmen der Unfall-Versicherung, die allein oder in Kombination mit anderen Unfallleistungsarten abgeschlossen werden kann. Diese Leistungsart - Unfall-Kombirente - gilt immer als eigenständiger Vertrag. Es gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen AUB 2008, abweichende Regelungen sind im Folgenden beschrieben.
…
1.1.1 Leistungsfälle
Die Unfall-Kombirente unterscheidet vier Leistungsfälle: Den Eintritt des Leistungsfalles
|
- nach einem Unfall (Ziffer 2), |
- nach definierter Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestimmter Organe bzw. definierter Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten als Folge einzelner bestimmter Krankheiten und durch Unfall (Organkonzept (Ziffer 3)), |
- Verlust einzelner, definierter Grundfertigkeiten (Ziffer 4) und |
- nach Feststellung einer Pflegestufe gemäß Sozialgesetzbuch (Ziffer 5). |
Die Leistung wird als Rente gezahlt. … Eine Leistung kann es gleichzeitig nur einmal aus einem der vier Leistungsfälle geben.
2 Leistungen einer Rente aus Unfall
In Ergänzung der Ziffer 2 der [AUB 2008] leisten wir eine Rente entsprechend der nachfolgenden Bedingungen:
2.1 Voraussetzungen für die Leistung
Der Unfall hat zu einem nach Ziffer 2.1 und Ziffer 3 AUB 2008 ermittelten Invaliditätsgrad von mindestens 50 % geführt. …
2.2 Höhe der Leistung
Wir zahlen unabhängig vom Lebensalter der versicherten Person die Rente in Höhe der vereinbarten Versicherungssumme.
…
3 Leistungen einer Rente bei Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestimmter Organe bzw. definierter Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten als Folge einzelner, bestimmter Krankheiten und durch Unfall (Organkonzept)
3.1 In Abweichung zu Ziffer 1.3 [AUB 2008] gilt als Leistungsfall der Eintritt einer irreversiblen im Organkonzept definierten Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der folgenden beschriebenen Organe bzw. eine definierte Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten als Folge bestimmter Krankheiten, die während der Vertragslaufzeit entstanden sind, bzw. durch Unfall.
3.1.1 Bewertungsmaßstab
Die Beeinträchtigung der versicherten Organe und Krankheiten entsprechen nach den Maßstäben der diesem Vertrag zu Grunde liegenden Bewertungen einer Invalidität von mehr als 50 %. …
[Nach näherer Bestimmung werden im Folgenden Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems, psychische Störungen oder Geisteskrankheiten sowie Erkrankungen des Herzens, der Nieren, Lungen un...