Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. unangemessene Unterkunftskosten. Kostensenkungsverfahren. kein Anspruch auf Zusicherung der Angemessenheit der Unterkunftskosten für bereits bewohnte Unterkunft
Leitsatz (amtlich)
Hilfebedürftige haben keinen Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung der Angemessenheit der Kaltmiete für die bereits von ihnen bewohnte Unterkunft nach § 22 Abs 2 SGB 2. Es besteht auch kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer solchen Zusicherung nach § 22 Abs 1 SGB 2 iVm § 34 SGB 10.
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 5. November 2009 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Erteilung einer Zusicherung über die Angemessenheit der Nettokaltmiete für die bereits angemietete Unterkunft.
Die am 1971 geborene Klägerin Ziff. 1 und ihre am 1999 und 2004 geborenen Kinder, die Kläger Ziff. 2 und 3, k. Staatsbürger, sind im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen nach §§ 30, 32 und 33 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), bzw. ab März 2009 von Fiktionsbescheinigungen gem. § 81 Abs. 4 AufenthG. Der Klägerin Ziff. 1 ist eine Beschäftigung uneingeschränkt erlaubt. Seit dem 12. Februar 2008 ist ihre vorherige Ehe rechtskräftig geschieden; das Recht zur Aufenthaltsbestimmung für die Kläger Ziff. 2 und 3 steht allein der Klägerin Ziff. 1 zu. Zumindest seit dem Jahr 2006 beziehen die Kläger laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnen aufgrund eines am 5. Juli 2006 geschlossenen Mietvertrages eine 3-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 67,18 m²; die Heizung erfolgt mittels Gas. Zum 1. Oktober 2007 wurde die monatliche Grundmiete von € 395,70 auf € 473,62 erhöht; Nebenkosten fallen an i.H.v. € 70.- und Heizkosten i.H.v. € 30.-, ab dem April 2009 i.H.v. € 65.-. An Müllgebühren fallen monatlich € 14,98 an. Für die Kläger Ziff. 2 und 3 wird Kindergeld gezahlt (€ 154.- je Kind, ab dem 1. Januar 2009 € 164.-) sowie Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (Kläger Ziff. 2 € 168.-, ab 1. Januar 2009 € 158.-; Klägerin Ziff. 3 € 125.-, ab 1. Januar 2009 € 117.-).
Mit einem als “Information zur Angemessenheit der Unterkunftskosten nach § 22 SGB II„ bezeichneten Schreiben vom 4. Juni 2008 wies die Beklagte die Klägerin Ziff. 1 darauf hin, dass als angemessene Kosten der Unterkunft nur ein Betrag höchstens i.H.v. € 421,50 (Kaltmiete) anerkannt werden könne. Die gegenwärtige Miete übersteige diesen Betrag um € 52,12. Die unangemessenen Unterkunftskosten könnten in der Regel längstens für sechs Monate übernommen werden. Eine volle Übernahme über diesen Zeitraum hinaus sei nur bei Nachweis der Unmöglichkeit einer Kostensenkung möglich. In einer “Kostenzusage„ vom selben Tag erklärte sich die Beklagte bereit, bei der Anmietung einer Wohnung mit einer Kaltmiete bis maximal € 421,50 diese Miete als angemessen anzuerkennen.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27. Juni 2008 forderten die Kläger die Beklagte auf, die tatsächliche Kosten der Unterkunft auch nach dem Ende des im Schreiben vom 4. Juni 2008 genannten Sechsmonatszeitraums in voller Höhe als Bedarf i.S.d. § 22 Abs. 1 SGB II anzuerkennen. Auf § 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) werde hingewiesen.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2008 lehnte die Beklagte die Erteilung einer Zusicherung ab, da für eine solche keine Rechtsgrundlage bestehe; zu einer Zusicherung sei sie nicht verpflichtet.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches verwiesen die Kläger als Rechtsgrundlage auf § 34 SGB X. In Fällen, in denen der Bürger ein berechtigtes Interesse an einer Zusicherung habe, bestehe auch ein Anspruch auf Erteilung einer solchen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach § 22 SGB II sei sie nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Kläger den Umzug in eine neue Wohnung planen würden und deren Kosten angemessen seien. Zur Zusicherung für die aktuell bewohnte Unterkunft, deren Kosten auch nicht angemessen seien, sei sie gesetzlich nicht verpflichtet. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Klägern die begehrte Zusicherung, auf die diese keinen gesetzlichen Anspruch hätten, hätte erteilen sollen. Hilfebedürftige müssten alle Möglichkeiten ausschöpfen, ihre Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu verringern. Hierzu gehörten auch Bemühungen, die Kosten der Unterkunft zu senken. Dem sich im Antrag der Kläger manifestierenden Interesse, von solchen Bemühungen freigestellt zu werden, komme bei Abwägung gegenüber dem Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler an der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung die geringere Bedeutung zu.
Hiergegen haben die Kläger am 12. August 2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Zuletzt mit Schreiben vom 10. ...