Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Bemessung. eingeschränkte Erwerbstätigkeit des Elterngeldberechtigten nach der Geburt des Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Elterngeldberechtigte nach der Geburt des Kindes erwerbstätig, bemisst sich die Höhe des Elterngeldes nach § 2 Abs 3 BEEG, unabhängig davon, ob er (positive) Einkünfte aus dieser Erwerbstätigkeit erzielt oder nicht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.09.2013; Aktenzeichen B 10 EG 18/12 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.09.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger weitere 90,00 € an Elterngeld vorläufig zu gewähren hat.

Der am … 1969 geborene Kläger ist selbständiger Rechtsanwalt und führt seine Kanzlei zusammen mit einem Partner. Die anfallenden Betriebskosten (Mai 2011: 10.258,62 €; Juni 2011: 6.676,78 €) werden geteilt. Der Kläger erzielte im Mai/Juni 2011 aus anwaltlicher Tätigkeit Einnahmen iHv 6.711,57 €. Am 10.06.2011 erfolgte eine Einkommenssteuervorauszahlung iHv 3.169,00 €. Im Mai und Juni 2011 wendete der Kläger zu seiner Krankenversicherung monatlich jeweils 321,87 € und für seine Altersvorsorge beim Versorgungswerk monatlich 1.094,50 € auf.

Der Kläger und seine am … 1972 geborene Ehefrau nahmen das am … 2010 geborene Kind J. F. am 06.05.2010 in Adoptionspflege in ihren Haushalt auf.

Am 27.05.2010 beantragte die Ehefrau des Klägers für den ersten bis zum zwölften Monat nach dem Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes in den Haushalt die Gewährung von Elterngeld. Der Kläger stellte klar, dass er zu einem späteren Zeitpunkt einen Antrag auf Elterngeld für voraussichtlich zwei Monate stellen werde. Am 10.02.2011 beantragte dann auch der Kläger Elterngeld für den 13. und 14. Monat nach Aufnahme des Kindes in den Haushalt (06.05.2011 bis 05.07.2011). Er führte aus, er werde seine selbständige Tätigkeit durch die Vertretung des Mitkanzleiinhabers und weitere organisatorische Maßnahmen reduzieren. Der Kläger legte ua den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 28.02.2011 sowie eine Gewinnermittlung für den Zeitraum vom 06.05. bis 05.07.2011 vor, ausweislich derer sich ein Verlust von 10.040,00 € ergab. Die Kosten seien nahezu konstant, die Tätigkeit werde aber nur noch zehn Stunden wöchentlich ausgeübt. Der Kläger führte des Weiteren aus, im Jahre 2009 weniger als 250.000,00 € im Jahr verdient zu haben. Er wies auch die Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2010 bis 2012 nach sowie die von ihm zu entrichtenden Beiträge zur Krankenversicherung und zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 13.05.2011 dem Kläger für den 13. und 14. Monat nach Aufnahme seines Sohnes in den Haushalt jeweils 1.755,00 €. Im Bescheid führte die Beklagte aus, wegen des im Bezugszeitraum voraussichtlich erzielten Einkommens werde Elterngeld auf Basis des vom Kläger prognostizierten Einkommens nur vorläufig zugesagt. Nach Ablauf des Bezugszeitraums werde die Höhe des Elterngeldanspruchs unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens endgültig festgelegt. Des Weiteren teilte die Beklagte im Bescheid mit, Elterngeld werde nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall gewährt, dass der Kläger die im Bescheid näher dargestellten Einkommensgrenzen nicht einhalte. Zur Berechnung des Elterngeldes legte die Beklagte als steuerpflichtiges Nettoeinkommen vor Geburt monatlich 3.919,58 € und aufgrund des ausgewiesenen Verlusts im Bezugszeitraum ein nachgeburtliches Einkommen von 0,00 € zugrunde.

Mit seinem Widerspruch vom 24.05.2011 machte der Kläger geltend, bei einem Anspruchsfaktor von 65 % und einem zugrundegelegten Einkommen iHv 3.919,58 € monatlich stehe ihm Elterngeld iHv 1.800,00 € zu. Wegen der während des Elterngeldbezugs erlittenen Verluste in seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt könne dieser Betrag nicht reduziert werden. Negative Einkünfte könnten keine Einkünfte iSd Gesetzes sein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Rein rechnerisch würde der Elterngeldanspruch für Lebensmonate des Kindes, in denen er kein Erwerbseinkommen erziele, 1.800,00 € betragen, nämlich das durchschnittliche Nettoeinkommen vor der Annahme in den Haushalt in Höhe von 3.919,58 € monatlich multipliziert mit dem Anspruchsfaktor von 65 %, begrenzt auf den Höchstbetrag von 1.800,00 €. Diese Berechnung komme nur für Lebensmonate des Kindes in Betracht, in denen kein Erwerbseinkommen erzielt werde. Werde eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, sei immer auch ein Erwerbseinkommen vorhanden, das auch negativ sein könne. Hier gelte die Regel, dass für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erziele, das durchschnittlich geringer sei, als das nach § 2 Abs 1 BEEG berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbst...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge