Leitsatz (amtlich)

1. Die Neufeststellung eines Anspruches gemäß § 48 Abs 1 SGB 10 aus Anlaß einer Gesetzesänderung ist erst dann gerechtfertigt, wenn auch festgestellt ist, daß die tatsächlichen Verhältnisse beim Betroffenen im Zeitpunkt der Neufeststellung dem entsprechen. Diese Feststellung kann - insbesondere bei fortschreitenden Leiden und erheblichem zeitlichem Abstand zur letzten rechtsverbindlichen Feststellung - nicht allein nach Aktenlage getroffen werden. Die unterbliebene notwendige Sachaufklärung hierzu führt zur Anfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

2. Ein Verwaltungsakt ist dann nicht anhörungsfrei (§ 24 Abs 2 Nr 1, 2 und 4 SGB 10), wenn er zwar als Formular mit einem Einheitstext an eine große Zahl von Adressaten erteilt wird, die sachlichen Voraussetzungen für einen "Massenverwaltungsakt" aber nicht erfüllt sind.

3. Ein Verwaltungsakt ohne Begründung (§ 35 Abs 1 und Abs 2 Nr 3 letzter Teilsatz SGB 10) liegt auch vor, wenn er sich allein auf eine Gesetzesänderung stützt, ohne darzulegen, weshalb diese im konkreten Fall nach den aktuellen tatsächlichen Verhältnissen die getroffene Entscheidung rechtfertigt.

4. § 42 SGB 10 ist nur dann anwendbar, wenn sich die Erkenntnis, daß der Verwaltungsakt im sachlichen Ergebnis richtig ist, aus den Akten der Verwaltungsbehörde gewinnen läßt.

5. Der Verfügungssatz "Sie sind in Ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt" in einem Feststellungsbescheid bindet die Verwaltungsbehörde ohne Rücksicht darauf, ob er notwendig war oder entbehrlich gewesen wäre. Er ist eindeutig. Eine Neufeststellung ist insoweit nur möglich, soweit sich im tatsächlichen Bereich eine relevante Änderung ergibt, nicht schon dann, wenn durch eine Gesetzesänderung eine andere Grundlage für die gleiche Rechtsfolge weggefallen ist.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1655924

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