Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarzt <hier: Frauenarzt>. Erweiterung des qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets. Praxisschwerpunkt

 

Orientierungssatz

Zur Annahme eines Praxisschwerpunktes genügt es nicht, wenn die Arztpraxis überhaupt Patienten mit den in Nr 4 der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets genannten Erkrankungen aufweist. Vielmehr müssen diese in besonderem Umfang behandelt werden. Zudem muß die Versorgung derartiger Krankheitsfälle in besonderem Umfang Leistungen des Budgets, dessen Erweiterung begehrt wird, erforderlich machen. Diese wiederum müssen einen nicht unerheblichen Teil der vom Arzt erbrachten Gesamtleistungen ausmachen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.05.2001; Aktenzeichen B 6 KA 53/00 R)

 

Tatbestand

Streitig ist die Erweiterung des qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets "Psychosomatik, übende Verfahren".

Der Kläger ist als Frauenarzt in I zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er rechnete die Nrn. 850 und 851 EBM wie folgt ab:

4/96

1/97

2/97

3/97

Fallzahl

1453

1415

1365

1389

850

457

430

417

329

851

47

113

112

118

Bei dieser Abrechnungsfrequenz lag er erheblich über dem Durchschnitt der Fachgruppe. Bereits in früheren Quartalen hatte er die Nrn. 850, 851 EBM im Vergleich zur Fachgruppe überdurchschnittlich abgerechnet. Mit der Einführung der Praxisbudgets ab dem Quartal 3/97 gewährte die Beklagte ihm u.a. das qualifikationsgebundene Zusatzbudget "Psychosomatik, übende Verfahren".

Am 06.08.1997 beantragte er u.a. die Erweiterung dieses Zusatzbudgets. Er machte unter Vorlage einer Statistik über die Abrechnung der Nrn. 850, 851 EBM in den Quartalen 1/95 bis 1/97 geltend, die Fallpunktzahl von 34 für das qualifikationsgebundene Zusatzbudget "Psychosomatik, übende Verfahren" nach den Nrn. 850, 851 EBM reiche für die psychosomatische Betreuung seiner Patientinnen nicht aus. Er benötige bei etwa 1370 zu versorgenden Patientinnen eine Fallpunktzahlerhöhung auf 75 Punkte.

Mit Bescheid vom 22.05.1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Erweiterung eines Praxis- und/oder Zusatzbudgets sei nur zulässig, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf vorliege. Hiervon könne nur ausgegangen werden, wenn der beantragte Leistungsbereich schwerpunktmäßig erbracht werde und sichergestellt werden müsse. Berücksichtigungsfähig seien dabei besondere leistungsintensive Krankenfälle oder spezifische Betreuungsleistungen, die den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellten. Ein besonderer Versorgungsbedarf habe im Bereich der Psychosomatik nicht anerkannt werden können. Das Zusatzbudget Psychosomatik sei bereits als Besonderheit der Fachgruppe berücksichtigt worden, da das Zusatzbudget ausschließlich innerhalb der Fachgruppe errechnet werde. Im Vergleich zu anderen Fachgruppen sei die Fallpunktzahl für dieses Zusatzbudget hoch. Im Vergleich zu anderen Ärzten der Fachgruppe sei kein besonderer Versorgungsbedarf erkennbar.

Mit seinem am 08.10.1997 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, in seiner Praxis bestehe ein besonderer Versorgungsbedarf, weil er einen deutlich höheren Patientenanteil an Rentnerinnen betreuen müsse. Bei dieser Patientinnengruppe ergebe sich altersbedingt die Notwendigkeit einer psychosomatischen Betreuung. Auch weise er Ca-Patientinnen, Patientinnen mit HIV-Befunden, mit Kinderwunsch bei Sterilität, Patientinnen im Klimakterium und mit Diabetes auf. Bei der restriktiven Auslegung der Beklagten komme niemals die Erweiterung eines Zusatzbudgets in Betracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Kriterium für die Prüfung der Anhebung eines Budgets sei der Überweisungsanteil im Vergleich zur Fachgruppe. Der Anteil an Überweisungsfällen innerhalb der Gesamtfallzahl unterschreite beim Kläger den Überweisungsanteil der Fachgruppe im Basisquartal 4/96, welches dem Jahresmittel entspreche. Ein weiteres Aufgreifkriterium stelle die vergleichsweise Betrachtung des psychosomatischen Anteils in Punkten (Nrn. 850, 851 EBM) mit der kurativen Gesamtpunktzahlanforderung dar. Dieser betrage für den Kläger im Quartal 4/96 12,82% und, gemessen am Gesamthonorar, 8,84%. Betrachte man hilfsweise die Zahlen der Quartale 1/96 und 2/96, ergebe sich jeweils ein prozentualer Anteil der psychosomatischen Leistungen an der kurativen Gesamtpunkteanforderung von 5,8%. Hierbei hätte man auf die Gesamtpunkteanforderung in den Quartalen 1/96 und 2/96 im Bereich der Psychosomatik nach der Budgetierung abstellen müssen, wie der Bewertungsausschuß im Interpretationsbeschluß Nr. 23 vom 21.11.1997 festgestellt habe. Jedenfalls könne ein besonderer Versorgungsbedarf im Bereich der Psychosomatik, der über den mit dem qualifikationsgebundenen Zusatzbudget bereits abgedeckten Bedarf hinausgehe und darüber hinaus sicherzustellen sei, nicht festgestellt werden.

Am 06.04.1998 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben: Er habe im Antrag und im Widerspruch detailliert vorgetragen und begründet, daß und warum die Psychosomatik einen Versorg...

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