Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Verfassungsmäßigkeit der Regelleistungen. Abzug bei den Unterkunfts- bzw Heizkosten für Warmwasseraufbereitung bzw Haushaltsenergie. Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung

 

Orientierungssatz

1. Die Höhe der Regelleistungen nach § 20 Abs 2 SGB 2 begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die gerichtliche Überprüfung hat sich insoweit darauf zu beschränken, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten wurde, sich die Regelsatzfestsetzung auf ausreichende Erfahrungswerte stützen kann und die der Festsetzung zugrunde liegenden Wertungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vertretbar sind.

2. Der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB 2 für einen Hilfebedürftigen, dem aufgrund der Erkrankung an Achalasie, Dysphagie für die Dauer von 12 Monaten Vollkost verordnet wurde, ist mit einem Betrag in Höhe von 25,56 Euro ausreichend bemessen.

3. In der Regelleistung nach § 20 SGB 2 ist auch ein Anteil für die Kosten der Haushaltsenergie sowie der Warmwasseraufbereitung enthalten und dieser ist daher bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 SGB 2 in Abzug zu bringen. Ist eine Pauschalmiete vereinbart bzw lässt sich der Betriebskostenabrechnung keine Differenzierung entnehmen, ist es zulässig, dass ein pauschaler Abzug für Haushaltsenergie und Warmwasserzubereitung vorgenommen wird. Es bestehen keine Bedenken gegen die in den baden-württembergischen Richtlinien zur Umsetzung des SGB 2 (Fassung ab 1.1.2006) vorgesehenen abzuziehenden Pauschalbeträge für die Kosten der Haushaltsenergie und Warmwasseraufbereitung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.02.2008; Aktenzeichen B 14/7b AS 64/06 R)

 

Tenor

1.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20.12.2005 wird zurückgewiesen.

2.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten

3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Arbeitslosengeld II im Streit.

Der 1971 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten im November 2004 erstmalig die Gewährung dieser Leistung. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt monatliche Unterkunftskosten in Höhe von 280,84 Euro (warm, mit Ausnahme der Müllgebühren) für ein 23,74 m² großes, möbliertes 1-Zimmer-Appartement der S-stiftung K.

Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 29.11.2004 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 04.01.2005 Arbeitslosengeld II in Höhe von 597,84 Euro im Monat (Regelleistung in Höhe von 345,00 Euro zzgl. Kosten für die Unterkunft in Höhe von lediglich 252,84 Euro).

Der Kläger widersprach der nur teilweisen Übernahme seiner Unterkunftskosten und forderte zusätzlich die Berücksichtigung von Müllgebühren in Höhe von 8,70 Euro monatlich. Außerdem gab er an, monatlich 65,00 Euro für Arzneimittel auszugeben, die von der Krankenkasse nicht erstattet würden. Hierzu verwies er auf die Bestätigung seiner Hausärztin Dr. K vom 18.03.2005, wonach ihm aufgrund der Erkrankungen "Achalasie, Dysphagie" für die Dauer von 12 Monaten eine Vollkosternährung verordnet worden ist. Insgesamt sei mit den bewilligten Leistungen ein Leben in Würde gemäß Artikel 1 des Grundgesetzes (GG) nicht möglich.

Mit Bescheid vom 10.02.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin - weiterhin für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 - Alg II in Höhe von 606,54 Euro. Insoweit berücksichtigte die Beklagte nunmehr Kosten der Unterkunft in Höhe von 261,54 Euro (d. h. unter Berücksichtigung der von dem Kläger geltend gemachten Müllgebühren in Höhe von 8,70 Euro).

Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 02.05.2005 erhöhte die Beklagte das Arbeitslosengeld II um weitere 25,56 Euro auf 632,10 Euro monatlich wegen eines insoweit anzuerkennenden Mehrbedarfs bei kostenaufwändiger Ernährung.

Den darüber hinaus gehenden Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2005 als unbegründet zurück. Kosten für Arzneimittel seien in der Regelleistung enthalten und könnten nicht besonders berücksichtigt werden. Von der nachgewiesenen Pauschalmiete in Höhe von 280,84 Euro monatlich warm seien 9,00 Euro für die Bereitung von Warmwasser sowie 19,00 Euro für in der Pauschalmiete enthaltene Stromkosten abzuziehen. Die sich daraus ergebenden monatlichen Wohnkosten 252,84 zzgl. der Müllgebühren von 8,70 Euro monatlich seien dem Kläger bewilligt worden.

Der Kläger hat deswegen am 20.05.2005 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben.

Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25.06.2005 und mit Bescheid vom 28.11.2005 wiederum Arbeitslosengeld II für die Monate Juli bis Dezember 2005 bzw. Januar bis Juni 2006 in Höhe von monatlich 632,10 Euro. Mit Bescheid vom 19.12.2005 hat die Beklagte für die Zeit ab Januar 2006 auf 639,36 Euro monatlich erhöht und hierzu angegeben, dass nur noch 20,74 Euro monatlich als in der Regelleistung enthaltener Betrag für die Kosten von Strom von den Unterkunftskos...

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