Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Beteiligtenfähigkeit der Arbeitsgemeinschaft. Einkommensberücksichtigung. Mieteinnahmen. Absetzung von Ausgaben zur Einkommenserzielung. Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistungen und Einkommensberücksichtigung. Kindergeld für volljähriges Kind. Unterkunftskosten. Beiträge zur Lebensversicherung als Ersatz für eine Tilgung des Darlehens

 

Orientierungssatz

1. Bei einer nach § 44b SGB 2 gebildeten Arbeitsgemeinschaft handelt es sich, jedenfalls soweit sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben zum Erlass von Verwaltungsakten berechtigt ist, um eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und somit um eine Behörde iS des § 1 Abs 2 SGB 10.

2. Die Beteiligtenfähigkeit einer nach § 44b SGB 2 gebildeten Arbeitsgemeinschaft ergibt sich aus § 70 Nr 1 SGG. Dies gilt auch, wenn der Arbeitsgemeinschaft keine volle Rechtsfähigkeit, sondern nur Teilrechtsfähigkeit zugesprochen wird.

3. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit iS des § 3 Nr 3 Buchst b AlgIIV idF vom 20.10.2004 zu werten.

4. Die Regelungen in § 20 Abs 2 und 3 SGB 2 und zu dem zu berücksichtigenden Einkommen in § 11 SGB 2 verstoßen nicht gegen das GG.

5. Den verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich aus der unterschiedlichen Regelung im SGB 2 einerseits - nur Darlehensgewährung bei unabweisbarem Bedarf (§ 23 Abs 1 S 1 SGB 2) - und dem SGB 12 andererseits - individuelle Berücksichtigung des unabweisbaren Bedarfs abweichend vom Regelsatz (§ 28 Abs 1 S 2 SGB 12) - herleiten, könnte durch eine Modifizierung der durch § 23 Abs 1 S 3 SGB 2 eröffneten Aufrechnungsbefugnis begegnet werden.

6. Kindergeld für ein der Haushaltsgemeinschaft angehörendes volljähriges Kind, das an den kindergeldberechtigten Elternteil ausgezahlt wird, ist nicht gemäß § 11 Abs 1 S 3 SGB 2 in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, sondern ist Einkommen des Kindergeldberechtigten.

7. Tilgungsraten für einen Kredit zur Anschaffung einer Eigentumswohnung sind grundsätzlich nicht als Kosten für die Unterkunft zu werten, weil die Schuldentilgung der Vermögensbildung dient. Entsprechendes muss für Beiträge zur Lebensversicherung gelten, die als Ersatz für eine Tilgung des Darlehens angespart werden und nach Fälligkeit der Lebensversicherung mit der Darlehensschuld verrechnet werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung darf keine Unterscheidung zwischen einer unmittelbaren Tilgung und einer mittelbaren Tilgung über eine Lebensversicherung gemacht werden.

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Der ... 1950 geborene Kläger zu 1) und die ... 1953 geborene Klägerin zu 2 sind Eheleute. Aus ihrer Ehe gingen die ... 1980 geborene Tochter A, die ... 1981 geborene Tochter C, der ... 1984 geborene Sohn D, der ... 1987 geborene Sohn M (Kläger zu 5), die ... 1989 geborene Tochter B (Klägerin Nr. zu 3) und die ... 1992 geborene Tochter T (Klägerin zu 4) hervor. Die Klägerin zu 2) ist Eigentümerin eines im Jahr 1983 erbauten Wohngebäudes mit einer Gesamtwohnfläche von 301,66 qm. Die Familie bewohnt davon eine Fläche von 192,54 qm. Die Wohnfläche im Erdgeschoss des Wohngebäudes (109,12 qm) ist an zwei Parteien für eine Monatsmiete in Höhe von 385 Euro bzw. 416 Euro inklusive Nebenkosten vermietet.

Am 30.09.2004 beantragte der Kläger zu 1) Leistungen nach dem SGB II. Auf der Grundlage seiner Angaben und der von ihm vorgelegten Belege errechnete der Beklagte die Kosten für Unterkunft und Heizung wie folgt: Schuldzinsen für das Wohnhaus in Höhe von insgesamt jährlich 5893,87 Euro, Nebenkosten in Höhe von insgesamt 4331,32 Euro (Grundsteuer, Müllabfuhr, Strom, Wasser, Schornsteinfeger, Haushaftpflichtversicherung, Gebäudeversicherung und Gewässerschadensversicherung) sowie Heizkosten in Höhe von insgesamt jährlich 2446,76 Euro. Die Mieteinnahmen (brutto jährlich 9.612 Euro) errechnete der Beklagte (unter Abzug anteiliger Schuldzinsen, Nebenkosten und Heizkosten in Höhe von 4583,85 Euro) auf jährlich 5028,15 Euro. Weiter ging die Klägerin zu 2) in der Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 einer Nebentätigkeit mit einem Verdienst in Höhe von monatlich 100 Euro nach. Kindergeld in Höhe von insgesamt monatlich 820 Euro wurde dem Konto der Klägerin zu 2) gutgeschrieben. Der Beklagte ging weiter davon aus, dass kein anrechenbares Vermögen vorhanden sei.

Mit Bescheid vom 05.01.2005 bewilligte der Beklagte für die aus den Klägern bestehende Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.01.2005 in Höhe von 264,15 Euro und für die Zeit vom 01.02.2005 bis 31.05.2005 in Höhe von monatlich ...

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