Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Anspruch auf operative Beinverlängerung bei Körpergröße einer Frau von 147 cm
Leitsatz (amtlich)
Eine in der GKV versicherte Frau mit einer Körpergröße von 147 cm hat keinen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.11.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung.
Die am … 1992 geborene Klägerin ist - je nach Messung - 147 bzw 148 cm groß und bei der Beklagten krankenversichert.
Im Dezember 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung. Hierzu legte sie zahlreiche ärztliche Unterlagen vor. In einem Arztbrief des Universitätsklinikums T. (Dr. G. vom 30.07.2012) wurde Kleinwuchs (Größe 148 cm) unklarer Ursache mit erheblicher psychischer Belastung diagnostiziert. Nach einem Bericht von Dipl.-Psych. J. vom 12.07.2012 leide die Klägerin extrem unter ihrer geringen Körpergröße. In einem psychodiagnostischen Gutachten vom 09.08.2012 schildert Dr. H. eine massive Lebensproblematik, die kausal auf den Minderwuchs zurückzuführen sei. Ohne Größenkorrektur werde eine lebenslange psychotherapeutische Behandlung erforderlich sein. Zusätzlich legte die Klägerin einen Befundbericht von Prof. Dr. B. vom 05.12.2012 vor, in dem eine Therapie zur Größenzunahme auf chirurgischem Wege nach dem sogenannten Ilizarov-Prinzip empfohlen wurde bei einer Größe von 147 cm. Dabei erfolge eine Durchtrennung der Ober- und Unterschenkelknochen mit Einbringen eines Implantates und anschließender Verlängerung des Knochen- und Weichgewebes, es könne eine Größenzunahme von 20 cm erreicht werden. Durch die kurzen unteren und oberen Extremitäten wirke der gesamte Körperbau der Klägerin gedrungen und daher unharmonisch proportioniert.
Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Mit Gutachten vom 05.06.2013 führte Dr. F. für den MDK aus, dass bei der Klägerin keine Funktionseinschränkungen, keine Fehlstellung der unteren Extremitäten und keine Beinlängendifferenz bestehe. Erst unterhalb einer Körpergröße von 141 cm könne Kleinwuchs bei Erwachsenen als regelwidriger Körperzustand gewertet werden. Es liege auch kein extrem entstellender Befund vor. Im Vordergrund stehe die psychische Situation, die mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln sei. Mit Bescheid vom 14.06.2013 lehnte die Beklagte daraufhin die Beinverlängerung ab.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 09.07.2013 schaltete die Beklagte erneut den MDK ein. Mit Gutachten vom 26.08.2013 verwies Dr. S. darauf, dass aus medizinischer Sicht eine wissenschaftlich allgemeingültig hergeleitete Untergrenze für eine noch normale Körperhöhe nicht erkennbar sei. Oft werde, zum Beispiel von Selbsthilfegruppen, als Definitionsgrenze kleinwüchsiger Menschen für Frauen eine Grenze von 150 cm angegeben. Allein aus einer Kleinwüchsigkeit würden erst dann Ansprüche auf eine Krankenbehandlung zur Vergrößerung der Körperhöhe abgeleitet, wenn nach den Maßstäben des Schwerbehindertenrechts gleichzeitig eine Behinderung festzustellen wäre. Dies sei erst unterhalb einer Körperhöhe von 140 cm der Fall. Bei der Klägerin lägen die erforderlichen Krankheitsvoraussetzungen für die begehrte Leistung nicht vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2013 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) und Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zurück.
Hiergegen richtet sich die am 27.12.2013 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Die Klägerin leide unter ihrer Körpergröße von 148 cm erheblich. Die Leiden manifestierten sich im alltäglichen Umgang, so leide sie an Durchblutungsstörungen, wenn sie auf einem Stuhl sitze, da ihre dann hängenden Beine zu gering durchblutet würden. Sie sei gehemmt durch ihr äußeres Erscheinungsbild, habe Schwierigkeiten soziale Kontakte und insbesondere auch vertiefte private Kontakte aufzunehmen. Die Klägerin leide an einer mangelnden Akzeptanz des eigenen Körpers, hinzu kämen nahezu täglich fortgesetzte Demütigungen und unangebrachte Äußerungen im Hinblick auf ihre Körpergröße. Die Symptomatik könne allein durch Psychotherapie und psychologische Ansätze keiner Heilung zugeführt werden, wie Dr. H. festgestellt habe. Der Krankheitsbegriff nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 39, 167 und 50, 47) sei erfüllt: „Lediglich solche Defizite, die ausschließlich persönliche Vorlieben und spezifische Interessen eines Versicherten berühren und durch eine bloße Änderung der persönlichen Lebensführung behoben werden können, sind vom Versicherungsfall Krankheit nicht erfasst“. Vorliegend sei der Sachverhalt unbestritten anders, die objektiven Beeinträchtigungen seien unmittelbar die Grundlage für di...