Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Unfallkausalität. Unfallereignis. geeigneter Unfallhergang. Innenmeniskusriss. Aufrichten aus kniender Position. sozialgerichtliches Verfahren. Beweiswürdigung. weitere Sachaufklärung. Fragerecht: Erläuterungsbedürftigkeit eines Gutachtens bei abweichendem Ergebnis. erforderliche Sachkunde des Sachverständigen
Orientierungssatz
1. Der Hergang des Aufrichtens aus kniender Position mittels einer Drehbewegung enthält keine unkontrollierte Fehlgängigkeit des Kniegelenkes. Der physiologisch kontrolliert ablaufende Bewegungsvorgang mit Streckung der Kniegelenke aus der Beugestellung beim Aufrichten aus kniender Position erfüllt nicht das Merkmal eines von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses nach der Legaldefinition des Unfalls in § 8 Abs.1 S 2 SGB VII bezogen auf den Gesundheitsschaden einer Innenmeniskusruptur.
2. Hält das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem grundsätzlich anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (vgl BSG vom 20.02.2018 - B 10 LW 3/17 B ).
3. Allein die Tatsache, dass ein Gutachter zu einem anderen Ergebnis kommt als ein behandelnder Arzt, begründet noch nicht die Erläuterungsbedürftigkeit, solange der Gutachter seine anderslautende Einschätzung - wie hier - fachlich korrekt und ohne Lücken und Widersprüche begründet.
4. Bei der Beauftragung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachtens eines entsprechenden Sachverständigen bedurfte es keiner vorherigen öffentlichen Bestellung oder Vereidigung zum Sachverständigen. Der Sachverständige besitzt aufgrund seiner ärztlichen Approbation die erforderliche Sachkunde zum ärztlichen Sachverständigen. § 118 Abs 1 SGG iVm § 407 ZPO geht davon aus, dass im Grundsatz alle (approbierten) Ärzte die für die Erstattung eines Gutachtens erforderliche Sachkunde besitzen. Nach § 407 Abs 2 ZPO hat der von einem Gericht zum Sachverständigen Ernannte der Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Ausübung der Wissenschaft, der Kunst oder des Gewerbes, deren Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich ermächtigt ist. Unter der öffentlichen Ermächtigung zur Ausübung der Wissenschaft versteht das Gesetz vor allem die Lehrbefugnis und die Approbation.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.01.2022 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des Ereignisses vom 25.05.2019 als Arbeitsunfall streitig.
Der im Jahr 1972 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Flugzeugabfertiger und Leiharbeiter über die G1 - Zeitarbeitsagentur beim Flughafen S1 beschäftigt. Nach der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 28.05.2019 kniete der Kläger beim Beladen eines Flugzeugs auf dem Boden, um Gepäckstücke zu verstauen. Als er wieder aufstehen wollte, hatte er plötzlich Schmerzen im linken Knie. Nach dem Durchgangsarztbericht der Chefärztin der Chirurgischen Abteilung der F1 in F2 S3 vom 25.05.2019 schilderte der Kläger den Unfallhergang wie folgt: „Bei der Arbeit, beim Ausladen von Gepäck aus dem Frachtraum ist der Patient in die Hocke gegangen, beim Aufstehen habe er dann plötzlich starke Schmerzen im Knie verspürt. Er beschreibt es wie eine Blockade, er könne das linke Bein nicht mehr strecken." Es bestand bei der Untersuchung keine Wunde, keine Schwellung, kein Hämatom und kein Kniegelenkserguss. Diagnostiziert wurde ein Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion links. Hergang und Befund sprächen gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls, da es sich um eine arbeitsübliche Belastung und kein Trauma handele. In einer weiteren Fassung des Berichts vom 25.05.2019 ist aufgeführt, dass Hergang und Befund nicht gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls sprächen.
Am Abend des 25.05.2019 stellte der Kläger sich aufgrund von Schmerzen in der Notfallpraxis des M1 vor. In dem in der Folge veranlassten MRT-Befund vom 03.06.2019 des M1 S1 zeigte sich ein Korbhenkelriss am Innenmeniskus des linken Knies. Der Außenmeniskus war intakt. Es bestand ein diskreter Kniegelenkserguss sowie eine Baker-Zyste medial. Die Außenbänder, die Patella, die Quadrizeps- und Patellasehne sowie das vordere und hintere Kreuzband waren intakt. Es zeigte sich ein Ödem in der umliegenden Muskulatur. Der Kläger gab in einem Fragebogen vom 05.06.2019 als Unfallschilderung an, dass er beim Beladen eines Flugzeugs aufstehen wollte und das linke Bein „ihm blockiert“ sei.
Am 06.06.2019 erfolgte im M1 S1 eine Kniegelenksarthroskopie mit Korbhenkelresektion. Der OP-Bericht führt aus, dass sich am Innenmeniskushinterhorn keinerlei Einblutungen gezeigt hätten, sodass am ehesten von einem älteren Riss mit späterer Dislokation ausgegangen werden könne. Der Knorpel und die Kreuzbänder seien intakt gewesen.
Der Kläger führte in einem Schreibe...