Entscheidungsstichwort (Thema)
Scherbehindertenrecht. Einzel-GdB. Bildung des Gesamt-GdB
Orientierungssatz
1. Zur Bildung des Gesamt-Gdb bei als Behinderung festgestellter "colitis ulcerosa, reaktiv-depressivem Verstimmungszustand, Osteoporose, diabetes mellitus und chronischer Rhinopathie".
2. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Behinderung iS der §§ 3, 4 SchwbG (hier: Fersensporn rechts), die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauert, aber noch nicht länger als 6 Monate vorliegt.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind die Feststellung von Behinderungen und die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) streitig.
Die am 1935 geborene Klägerin beantragte im Dezember 1991 wegen Colitis ulcerosa, Zustand nach Gallenblasen- und Schilddrüsenoperation, Diabetes, Depression und Hörsturz beim Versorgungsamt Karlsruhe (VA) die Feststellung von Behinderungen und die Ausstellung eines Ausweises. Das VA holte ärztliche Befundscheine bei den behandelnden Ärzten Dres. H/HNO, C/Internist und M/Neurologe und Psychiater ein und stellte nach versorgungsärztlicher Auswertung als Behinderungen mit einem GdB von 40 seit 1. Januar 1986 fest: "Colitis ulcerosa. Psychovegetatives Syndrom mit depressiver Symptomatik." (Bescheid vom 19. März 1992).
Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin einen Arztbrief des Radiologen Dr. E und eine Bescheinigung von Dr. M vor und machte geltend, die Einzel-GdB-Werte für die Colitis ulcerosa mit 30 und für die Depression mit 20 seien zu gering, ferner müßten "Schilddrüsen- und Gallenblasenoperation" und "Hörsturz" als weitere Behinderungen festgestellt werden.
Das VA holte weitere ärztliche Befundscheine bei Dr. H und Dr. C ein und gab nach erneuter versorgungsärztlicher Prüfung dem Widerspruch nicht statt (Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 1992).
Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), das die Dres. E, M, C, H, Z/Frauenärztin und B/Orthopäde als sachverständige Zeugen schriftlich hörte. Auf den Inhalt dieser Aussagen wird Bezug genommen.
Sodann hat das SG Gutachten bei Dr. D/Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Dr. S/Orthopäde eingeholt. Dr. S stellte im Ergebnis als weitere Behinderung eine Osteoporose mäßigen Grades fest und bewertete diese mit einem GdB von 10. Dr. D diagnostizierte einen reaktiv-depressiven Verstimmungszustand, dem er einen GdB von 20 zuordnete. Unter Berücksichtigung der Colitis ulcerosa (für die er einen GdB von 50 festsetzte) und der Osteoporose mit einem GdB von 10 bewertete der Sachverständige den Gesamt-GdB mit 60.
Nach versorgungsärztlicher Auswertung bot der Beklagte vergleichsweise an, unter Beibehaltung des bisherigen Gesamt-GdB von 40 als weitere Behinderung "Osteoporose" festzustellen. Die Klägerin lehnte dieses Angebot ab.
Mit Urteil vom 12. August 1994 verurteilte das SG den Beklagten, unter Abänderung des angefochtenen Bescheides als Behinderungen "Colitis ulcerosa. Reaktiv-depressiver Verstimmungszustand. Osteoporose." mit einem Gesamt-GdB von 50 festzustellen.
Gegen das am 7. September 1994 zugestellte Urteil legte der Beklagte im Hinblick auf die Feststellung eines GdB von 50 am 27. September 1994 Berufung ein. Die Klägerin erhob am 12. Oktober 1994 gegen das ihr am 1. September 1994 zugestellte Urteil (Anschluß-)Berufung und machte geltend, die Behinderung "Osteoporose" sei mit einem Einzel-GdB von 10 zu gering bewertet; ausgehend von einem Einzel-GdB von 20 für diese Gesundheitsstörung, 50 für die Colitis und 20 für den reaktiv-depressiven Verstimmungszustand sei ein Gesamt-GdB von 60 festzustellen.
Der erkennende Senat holte im Dezember 1994 ein Gutachten bei Dr. L/Internist ein. Dieser bewertete unter Berücksichtigung des guten Allgemein- und Kräftezustandes, des übergewichtigen Ernährungszustandes (163 cm/74 kg) und fehlender Zeichen der Maldigestion und Malabsorption den GdB für die Colitis ulcerosa mit 30. Als neue Gesundheitsstörung diagnostizierte er einen therapiebedürftigen Diabetes mellitus, für den ein GdB erst nach Ablauf einer Beobachtungszeit festgestellt werden könne, der Gesamt-GdB betrage 40.
Mit Urteil vom 4. Dezember 1995 änderte der erkennende Senat das angefochtene Urteil dahingehend ab, als der GdB seit 30. Dezember 1991 mit 40 festgestellt wurde; insoweit wies er die Klage ab. Die Anschlußberufung der Klägerin wies er zurück.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ließ das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluß vom 15. August 1996 die Revision zu, hob mit Urteil vom 9. April 1997 die angefochtene Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an den Senat zurück.
Der Senat hat zur Aktualisierung des medizinischen Sachverhalts die behandelnden Ärzte Dres. C, B/Orthopäde, K/Hautfacharzt, H und M als sachverständige Zeugen schriftlich gehört.
Dr. H hat mitgeteilt, die Klägerin sei nach Dezember 1991 im August 1997 w...