Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsabgabe. Beschäftigungspflicht. Schwerbehinderter. gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Anzahl der Arbeitsplätze. Arbeitgebereigenschaft. Zurechnung von Leiharbeitnehmern
Orientierungssatz
Die Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsabgabe nach § 11 SchwbG trifft bei der Arbeitnehmerüberlassung den Verleiher als Vertragsarbeitgeber der Leiharbeitnehmer. Der Verleiher iS des AÜG verfügt über die Arbeitsplätze iS der §§ 5 Abs 1 und 7 Abs 1 SchwbG.
Tatbestand
Streitgegenstand ist die Frage, ob die Klägerin als Personaldienstleisterin verpflichtet ist, Ausgleichsabgaben nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zu entrichten.
Die Klägerin, die regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, überlässt auf Grund einer ihr nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG - erteilten Erlaubnis gewerbsmäßig anderen Betrieben und Unternehmen Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung. Die Beklagte hat bei der Prüfung, ob die Klägerin ihre Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Arbeitnehmer nach dem SchwbG nachkommt, die Leiharbeitnehmer dem Betrieb der Klägerin zugerechnet. Die Klägerin erstattete die entsprechenden Anzeigen seit 1986. Dementsprechend wurde die Ausgleichsabgabe (§ 1 1 SchwbG) festgesetzt.
Mit Schreiben vom 24.3.1997 übersandte die Klägerin die Anzeige für das Kalenderjahr 1996. Gleichzeitig legte sie Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 21.11.1997 stellte die Beklagte fest, dass die Anwendung der Regelungen zur Beschäftigungspflicht, der Anzeigepflicht und der Erhebung der Ausgleichsabgabe auf den Betrieb der Klägerin rechtmäßig sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Bekl. mit Widerspruchsbescheid vom 8.4.1998 zurück. Die Klägerin sei Arbeitgeberin im Sinne des SchwbG. Sie beschäftige die Leiharbeitnehmer in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Diese Arbeitsverhältnisse blieben auch während des gewerbsmäßigen Verleihs der Arbeitnehmer an Dritte fortbestehen. Damit bestünden bei der Klägerin Arbeitsplätze im Sinne des § 7 Absatz 1 SchwbG.
Am 28.4.1998 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie unter anderem ausgeführt, sie sei zwar Arbeitgeberin im Sinne des § 1 AÜG, die Leiharbeitnehmer seien jedoch nicht auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 7 SchwbG beschäftigt, die ihr als Verleiher zuzurechnen seien, vielmehr seien diese den Entleihern zuzurechnen. Entscheidend sei nicht der vertragliche Bezug, sondern der räumliche/örtliche Einsatz der Arbeitnehmer. Das Leiharbeitsverhältnis sei so zu beurteilen, wie die in § 7 Abs. 3 SchwbG genannten Arbeitsverhältnisse. Dort sei festgehalten, dass dann keine Arbeitsplätze im Sinne des SchwbG vorlägen, wenn Stellen nach der Natur der Arbeit oder nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nur für die Dauer von höchstens acht Wochen besetzt seien.
Die Beklagte hat an ihrer bisherigen Rechtsauffassung festgehalten und auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 1.12.85 - 5 B 155.83 - Bezug genommen, wonach bei der Berechnung der Ausgleichsabgabe die Leiharbeitnehmer dem Verleiher zuzurechnen seien.
Nachdem die Klägerin die Anzeige für das Jahr 1997 zwar der Beklagten erstattet, jedoch keine Angaben zu den gewerbsmäßig überlassenen Arbeitnehmern gemacht hatte, hat die Beklagte mit Bescheid vom 1.10.1998 festgestellt, dass die gewerbsmäßig überlassenen Arbeitnehmer beim Verleiher und nicht beim Entleiher zu berücksichtigen seien. Die Anzeige sei daher weiterhin richtig und vollständig zu erstellen.
Mit Urteil vom 20.7.1999 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, für die Frage, welchem Arbeitgeber der Arbeitsplatz zuzurechnen sei, sei allein das Arbeitsverhältnis von Bedeutung. Für die Arbeitnehmerüberlassung, das die Klägerin betreibe, sei maßgeblich, dass die Leiharbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich zur Klägerin stünden, nicht aber zu den Entleihern.
Gegen das am 26.7.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 25.8.1999 eingelegte Berufung der Klägerin. Hierzu führt sie aus, auch wenn sie Arbeitgeberin im Sinne des § 1 AÜG sei, könne diese Begriffsdefinition des Arbeitgebers nicht auf das SchwbG übertragen werden. Der unterschiedliche Regelungsgehalt und Schutzzweck der Gesetze erfordere auch eine unterschiedliche Betrachtungsweise. Die Arbeitsaufnahme erfolge zwar auf Weisung des Verleihers beim Entleiher, führe aber auf Grund der Tatsache, dass der Mitarbeiter nicht länger als acht Wochen im Betrieb der Klägerin einen Arbeitsplatz besetzt habe, sondern regelmäßig länger als acht Wochen im Sinne des Schwerbehindertengesetzes an den Kundenbetrieb entliehen werde, im Ergebnis dazu, dass hier ein Sachverhalt vorliege, der nicht den Begriff "Stelle" im Sinne des SchwbG erfülle. Folgerichtig müsse daher der Begriff des Arbeitsplatzes im räumlichen/örtlichen Sinne ausgelegt werden. Hierfür spr...