Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Unterkunftskosten. Schönheitsreparatur. keine Kostentragung mangels Pflicht zur Durchführung. vertragliche Vereinbarung. Allgemeine Geschäftsbedingungen. Inhaltskontrolle. Unwirksamkeit. Selbsthilfegrundsatz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für turnusmäßige Schönheitsreparaturen können Bestandteil der Kosten der Unterkunft nach § 29 Abs 1 S 1 SGB 12 sein. Für sie kommen Leistungen für die Unterkunft nach dieser Vorschrift jedoch grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Überwälzung auf den Mieter vertraglich wirksam vereinbart ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die Übertragung auf den Mieter aufgrund einer vom BGH für unwirksam erklärten Formularklausel erfolgt und deshalb der Vermieter nach der Grundregel des § 535 Abs 1 S 2 BGB zur Ausführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet ist (vgl LSG Stuttgart vom 21.2.2008 - L 7 SO 827/07 = SAR 2008, 62).
2. Zum Selbsthilfegrundsatz des § 2 Abs 1 SGB 12.
Orientierungssatz
1. § 535 Abs 1 S 2 BGB ist abdingbar mit der Folge, dass der Vermieter die Schönheitsreparaturen vertraglich auf den Mieter abwälzen kann. Geschieht dies in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), müssen die Überwälzungsregelungen den Bestimmungen der §§ 305ff BGB über die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch AGB genügen.
2. Die Unwirksamkeit einer Formularklausel hat zur Folge, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter schlechthin unwirksam ist (vgl BGH vom 28.3.2007 - VIII ZR 199/06 = NJW 2007, 1743 und vom 18.6.2008 - VIII ZR 224/07 = NJW 2008, 2499).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel seiner außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen für Schönheitsreparaturen durch die Beklagte.
Der am … 1938 geborene geschiedene Kläger, italienischer Staatsangehöriger, bezieht aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente. Aufstockend erhält er seit 1. Januar 2005 von der Beklagten - nach vorherigem langjährigen Sozialhilfebezug - Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Diese Leistungen waren erstmals mit Bescheiden vom 14. April und 30. Mai 2005 für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 bewilligt sowie auf den am 25. Mai 2005 eingegangenen (Formular-)Antrag für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 weiterbewilligt worden (u.a. Bescheide vom 1. Juli 2005 und 13. Januar 2006). In den Folgezeiträumen gewährte die Beklagte dem Kläger jeweils befristet weiterhin Grundsicherungsleistungen.
Seit 1. Mai 1996 wohnt der Kläger in der H.str. in Karlsruhe in einer Wohnung mit einer Wohnfläche von 66,50 m², bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad mit WC, Flur und Loggia, ferner einem Abstell- und einem Kellerraum; diese Wohnung hatte er von der Genossenschaft für Wohnungsbau Karlsruhe 1921 e.G. (i.F.: GWK) mit einem unter dem 7. Mai 1996 schriftlich geschlossenen Dauernutzungsvertrag angemietet. Nach § 2 Abs. 4 Buchst. a des Dauernutzungsvertrags hat das Mitglied (= Mieter) nach Maßgabe der Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) die Schönheitsreparaturen auszuführen (Nrn. 4 und 11 AVB). Die AVB in der in den Dauernutzungsvertrag einbezogenen Fassung DNV Februar 1995 enthalten u.a. folgende Regelungen:
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“ Nr. 4 Erhaltung der überlassenen Wohnung |
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(2) Schönheitsreparaturen sind fachgerecht auszuführen. Die Schönheitsreparaturen umfassen das Anstreichen, Kalken oder Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und den Innenanstrich der Fenster, das Streichen der Türen und der Außentüren von innen sowie der Heizkörper einschließlich der Heizrohre. |
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Die Schönheitsreparaturen sind spätestens nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen: |
in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, dabei sind die Innenanstriche der Fenster sowie die Anstriche der Türen, Heizkörper und Heizrohre spätestens alle vier Jahre durchzuführen, |
in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, |
in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre. |
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Das Mitglied darf nur mit Zustimmung der Genossenschaft von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen. Es ist für den Umfang der im Laufe der Nutzungszeit ausgeführten Schönheitsreparaturen beweispflichtig. |
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(3) Lässt in besonderen Ausnahmefällen der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zu oder erfordert der Grad der Abnutzung eine Verkürzung, so ist die Genossenschaft auf Antrag des Mitgliedes verpflichtet, im anderen Fall aber berechtigt, nach billigem Ermessen die Fristen des Planes bezüglich der Durchführung einzelner Schönheitsreparaturen zu verlängern oder zu verkürzen. |
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Nr. 11 Rückgabe der überlassenen Wohnung |
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(3) Hat das Mitglied die Schönheitsreparaturen übern... |