Entscheidungsstichwort (Thema)
KVdR. Beitragszahlung aus Rente. Unmöglichkeit der Zahlung. Beitragsschuldner. Verjährung. Haftung des Rentenversicherungsträgers
Orientierungssatz
1. Die Verjährungsvorschrift des § 25 SGB 4 ist auch auf die Haftungsvorschrift des § 255 Abs 2 S 3 SGB 5 aF anzuwenden.
2. Ohne die Vorschrift des § 255 Abs 2 S 3 SGB 5 aF hätte der Krankenversicherungsträger keinen Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger auf den Zuschuß zu Aufwendungen für die Krankenversicherung gehabt, da nach altem Recht der Rentner selbst die gesamten Beiträge schuldete.
3. Der Rentenversicherungsträger haftet mit dem Beitragszuschuß bzw mit dem nun zu tragenden hälftigen Beitragsanteil (§ 255 Abs 2 S 3 SGB 5 nF). Eine weitergehende Haftung für eine Verletzung der in § 255 SGB 5 geregelten Pflichten besteht nicht.
4. Wenn der Einbehalt der rückständigen Beiträge trotz laufender Rente daran scheitert, daß der Rentenempfänger durch den Einbehalt hilfebedürftig im Sinne des § 51 Abs 2 SGB 1 würde, gelten die gleichen Grundsätze wie beim Wegfall der Rentenzahlung. Auch in diesem Falle hat der Rentenversicherungsträger für die Unmöglichkeit der Zahlung der rückständigen Beiträge zu haften. Allerdings wird er dadurch nicht zum Beitragsschuldner, so daß der Forderung gegen ihn nicht im Wege eines Verwaltungsakts, sondern im Wege der Leistungsklage erhoben werden kann.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf rückständige Krankenversicherungsbeiträge in Höhe des Beitragszuschusses für Martha Rapp (R.) für die Zeit vom 01.01.1989 bis 31.12.1989 in Höhe von DM 505,80 hat.
Die 1911 geborene R. beantragte am 28.04.1976 bei der Beklagten die Gewährung von Altersruhegeld (ARG) wegen Vollendung des 65. Lebensjahres und gab in der Meldung zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) an, sie sei als Familienangehörige ihres Ehemannes in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Württemberg mitversichert. Die Klägerin bestätigte gegenüber der Beklagten unter dem 14.05.1976, daß R. aufgrund ihres Rentenantrages ab 28.04.1976 bei der Klägerin pflichtversichert sei. Mit Bescheid vom 09.07.1976 gewährte die Beklagte R. ab 01.08.1976 ARG in Höhe von zunächst DM 413,40 monatlich.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin am 13.07.1994 mit, R. sei seit dem 01.08.1976 aufgrund einer vorher bewilligten oder beantragten Rente bei ihr pflichtversichert. Mit Bescheid vom 27.07.1994 nahm die Beklagte daraufhin eine Neuberechnung der Rente von R. vor, wobei sie ab 01.01.1990 die Aufwendungen für die Krankenversicherung der R. berücksichtigte.
Mit Schreiben vom 11.08.1994 führte die Beklagte gegenüber R. aus, nach Mitteilung der Klägerin unterliege R. ab 01.01.1986 der Versicherungspflicht in der KVdR. Sie erhalte deswegen einen Beitragszuschuß zu ihrer Rente von derzeit monatlich 6,7% der Rente. Gleichzeitig werde allerdings ein Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich zur Zeit 13,40% der Rente einbehalten und an die Krankenversicherung abgeführt. Für die Zeit vom 01.01.1990 bis 31.08.1994 könne nur noch der Beitragszuschuß der Beklagten an die Klägerin abgeführt werden. Die Erhebung von Beiträgen zur Krankenversicherung für Zeiten vor dem 01.01.1990 sei nach § 25 Sozialgesetzbuch (SGB) IV verjährt. Eine Aufrechnung der rückständigen Krankenversicherungsbeiträge (Anteile von R.) in Höhe von DM 2.695,66 an der weiterhin zu zahlenden Rente sei derzeit nach § 51 Abs. 2 SGB I nicht möglich. Die Klägerin hat eine Mehrfertigung dieses Schreibens erhalten.
Mit Schreiben vom 17.11.1994 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Überweisung des von der Beklagten zu tragenden Anteils an den Aufwendungen für die Krankenversicherung für das Jahr 1989 in Höhe von DM 505,80. Sie vertrat die Ansicht, daß die Beklagte hierfür gemäß § 255 Abs. 2 Satz 3 SGB V hafte.
Die Beklagte berief sich mit Schreiben vom 05.12.1994 auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach den Krankenkassen Schadensersatzansprüche in den Fällen, in denen Zahlstellen von Versorgungsbezügen schuldhaft keine Beiträge einbehalten haben, nicht zustünden. Die Spitzenverbände der Krankenkassen hätten angesichts dessen beschlossen, Schadensersatzforderungen gegenüber den Zahlstellen auf Beiträge aus Versorgungsbezügen in Altfällen nicht mehr weiterzuverfolgen. Die geforderten Beiträge in Höhe von DM 505,80 könnten daher nicht ausbezahlt werden. Die Klägerin erwiderte unter dem 11.01.1995, ihre Forderung bleibe bestehen, da sich die genannten Urteile nicht auf den Schadensersatzanspruch des § 255 Abs. 2 Satz 3 SGB V bezögen.
Mit Bescheid vom 01.02.1995 lehnte die Beklagte die Zahlung des geforderten Anteils in Höhe von DM 505,80 ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und berief sich auf Peters, Handbuch der Sozialversicherung, Anm. 16 zu § 255 SGB V, wonach die Haftung des Rentenversicherungsträgers unbegrenzt sei und eine Verjährung nicht stattfinde. Mit Bescheid vom 20.07.1995 nahm die Beklagte den Besc...