Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Kapitalzahlungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung. Versorgungsbezug. fiktive Beitragszahlungen als Versicherungsleistung des versicherten Risikos der Berufsunfähigkeit. Einrücken des Versicherten in die Stellung als Versicherungsnehmer nach Beendigung der Erwerbstätigkeit. prämienratierliche Berechnung des Beitragsanteils
Orientierungssatz
Der Anteil einer ausgezahlten Kapitalleistung aus einem von dem früheren Arbeitgeber des Versicherten als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag, der auf fiktiven Beitragszahlungen als Versicherungsleistung des versicherten Risikos der Berufsunfähigkeit aus diesem Vertrag beruht, unterliegt, wenn nach Ende seiner Erwerbstätigkeit der Versicherte in die Stellung als Versicherungsnehmer eingerückt ist, nicht der Beitragspflicht als Versorgungsbezug (so auch LSG Stuttgart vom 22.2.2019 - L 4 KR 620/17 ; entgegen SG Landshut vom 8.2.2023 - S 10 KR 122/22 ).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2021 sowie der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2019 sowie die Bescheide vom 29.06.2020, 30.10.2020 und 12.02.2021 insoweit aufgehoben bzw. abgeändert, als hierin aufgrund der Kapitalleistung aus dem mit der Allianz Lebensversicherungs-AG geschlossenen Lebensversicherungsvertrag Nr. 6/892989/5699 ein höherer monatlich beitragspflichtiger Betrag als 70,23 € für die Zeit ab dem 01.08.2017 bis 31.12.2020 zugrunde gelegt wurde. Es wird festgestellt, dass nur in dieser Höhe die Kapitalleistung der Beitragspflicht unterliegt und die Beklagten verpflichtet sind, die darüberhinausgehenden bereits gezahlten Beiträge zu erstatten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagten haben dem Kläger 87% seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Verbeitragung einer kapitalisierten Lebensversicherung.
Der 1956 geborene Kläger ist bei der Beklagten zu 1 seit 01.08.2017 in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert (rückwirkend durch Bescheid vom 08.07.2019, vgl. Bl. 1 Verwaltungsakte (VA)) und bei der Beklagten zu 2 pflegeversichert. Zuvor war er bei der Beklagten zu 1 vom 25.03.1997 bis zum 31.07.2017 freiwillig krankenversichert.
Zum 01.08.1993 schloss der Kläger über das Versorgungswerk der G1 mit der A1 Lebensversicherungs-AG eine Lebensversicherung (Nr. x.99) mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall, mit Rentenwahlrecht sowie mit Beitragsbefreiung und Rente bei Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitszusatzversicherung) ab (vereinbarter Ablauf am 01.08.2016, monatlicher Beitrag 250,00 DM; vgl. Versicherungsschein vom 21.07.1993, Bl. 5/9 VA). Zum 01.10.1993 wurde der Versicherungsvertrag auf den Arbeitgeber (S1 Wochenblatt GmbH) übertragen und als betriebliche Altersversorgung („Firmendirektversicherung“) geführt (vgl. Umstellungserklärung vom 22.10.1993, Bl. 111 SG-Akte, Versicherungsnachtrag vom 21.12.1993, Bl. 109/110 SG-Akte). Der Kläger erkrankte während des laufenden Arbeitsverhältnisses, weshalb der Arbeitgeber zum 30.11.1995 die Beitragszahlung einstellte (vgl. Schreiben des Versorgungswerks der Presse vom 01.03.1996, Bl. 178 VA). Zum 01.01.1996 erhöhte sich der monatliche Beitrag zur Lebensversicherung auf 284,00 DM (Nachtrag zum Versicherungsschein, Bl. 12 VA). Ab dem 15.05.1996 gewährte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) dem Kläger (rückwirkend) eine gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung (vgl. Abrechnung der Rentennachzahlung vom 10.04.1997, Bl. 184 VA). Am 30.06.1996 schied der Kläger bei seinem damaligen Arbeitgeber aus (vgl. Bestätigung der S1 Wochenblatt GmbH & Co. vom 23.07.1996; Bl. 97 SG-Akte). Zum 01.07.1996 wurde die Versicherungsnehmereigenschaft des Lebensversicherungsvertrags wieder auf ihn übertragen (vgl. Schreiben der Presse-Versorgung vom 03.06.2020, Bl. 74 SG-Akte). Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs zwischen dem Kläger und der A1 beim Oberlandesgericht Stuttgart am 13.11.1997 (vgl. Bl. 46 f. SG-Akte) einigten sich die Beteiligten dieses Rechtsstreits auf den Fortbestand der in den Versicherungsvertrag eingeschlossenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit der Maßgabe, dass der Kläger bis maximal August 2010 die vertraglich vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente ausbezahlt bekommt und für den nachfolgenden Zeitraum hierauf verzichtet. Zudem einigten sich der Kläger und die A1 auf eine beitragsfreie Fortführung der Hauptversicherung auch über den 31.08.2010 hinaus sowie eine Erstattung der ab dem 01.01.1995 eingezogenen Versicherungsprämie. Die während der Berufsunfähigkeit vom Kläger anfänglich noch bezahlten Versicherungsbeiträge wurde sodann an den Kläger zurückgezahlt (vgl. Schreiben P1 vom 10.12.1997, Bl. 48 SG-Akte). Vom 01.01.1995 bis zum 01.08.20...