Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsminderung in der privaten Pflegepflichtversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine kraft Gesetzes eintretende (automatische) Umwandlung eines Krankenversicherungsvertrages im „Normaltarif“ in den Basistarif ist gesetzlich nicht vorgesehen. Für Versicherte im Notlagentarif findet die Minderung des Pflegeversicherungsbeitrags nach § 110 Abs. 2 Satz 3 SGB XI keine Anwendung.

 

Normenkette

SGB XI § 23 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 4, § 27 Abs. 1, § 110 Abs. 2 S. 3 Fassung: 2008-05-28, S. 5 Fassung: 2008-05-28, S. 4 Fassung: 2015-04-01; VAG §§ 148, 152 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Sätze 1, 3, § 153 Abs. 1, §§ 181, 193 Abs. 4 S. 5, Abs. 7 S. 1, § 12 Abs. 1c S. 4 Fassung 2013-07-15, S. 6 Fassung 2013-07-15, § 12 f. Fassung 2013-07-15, § 12h Fassung 2013-07-15; VVG § 193 Abs. 3 S. 1, § 205 Abs. 2, 6; BGB § 130 Abs. 1 S. 2, § 147 Abs. 2, § 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 Sätze 1-2; SGB V § 315; GVG § 17 Abs. 2 S. 1; EGGVG Art. 7 Sätze 1, 5-6; SGG § 51 Abs. 1 Nr. 2, §§ 182a, 193 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 4

 

Tatbestand

Der Beklagte wendet sich gegen die Zahlung von Beiträgen zur privaten Pflegepflichtversicherung für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2017 in Höhe von 7.789,14 € zzgl. Zinsen.

Der 1941 geborene, zuletzt selbständig tätige Beklagte beantragte am 5. März 2003 zum 1. April 2003 für sich beim Kläger, einem privaten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, den Abschluss eines Vertrags über eine private Krankenversicherung einschließlich des Tarifs PVN über die private Pflegepflichtversicherung mit monatlicher Beitragszahlung. Der Kläger bestätigte mit Versicherungsschein am 21. März 2003 den Abschluss des Versicherungsvertrages ab dem 1. April 2003 nach den Tarifen PNW+ (Krankenversicherungsbeitrag 414,66 €) und PVN (monatlicher Beitrag PVN 64,77 €) nach den beigefügten Tarif- und Versicherungsbedingungen (u.a. Tarifbedingungen PV und Allgemeine Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung [MB/PPV]).

Ab dem 1. Februar 2006 bezog der Beklagte, der zunächst nicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich versichert war, eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Höhe der laufenden Zahlungen inklusive Zuschuss zur privaten Krankenversicherung: ab 1. Juli 2008: 609,09 €, ab 1. Januar 2009: 610,80 €, ab 1. Juli 2009: 623,77 €, ab 1. Juli 2010: 623,77 €, ab 1. Januar 2011: 625,52 €, ab 1. Juli 2011: 631,73 €, ab 1. Juli 2012: 645,53 €, ab 1. Juli 2013: 647,14 €, ab 1. Juli 2014: 657,94 €, ab 1. Juli 2015: 671,74 €, ab 1. Juli 2016: 700,26 €, ab 1. Juli 2017: 713,60 €, ab 1. Juli 2018: 736,60 €).

Mit Schreiben vom 23. September 2008 kündigte der Beklagte die „KV-Versicherung“ zum 1. Oktober 2008, weil er sich diese angesichts seiner Rentenhöhe nicht mehr leisten könne. Der Kläger bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 1. Oktober 2008, auch hinsichtlich der Pflegeversicherung, wegen der einzuhaltenden Kündigungsfrist aber erst mit Wirkung zum 31. März 2009. Der Beklagte widerrief am 19. Oktober 2008 die zur Beitragszahlung erteilte Einzugsermächtigung und zahlte ab dem 1. November 2008 keine Beiträge mehr. Nach einer Vorsprache des Beklagten bei der Klägerin informierte diese ihn über die ab 1. Januar 2009 geltende Verpflichtung zum Angebot eines verbandseinheitlichen Basistarifs, dessen Beitragshöhe aber noch nicht genannt werden könne (Schreiben vom 26. November 2008). Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger die „Rücknahme der Kündigung der KV-Versicherung“ und bat um dessen „derzeit günstigstes Versicherungsangebot“. Da aufgrund der gesetzlichen Regelung zum 1. Januar 2009 die Einführung eines Basisangebotes Pflicht sei, bitte er schon jetzt um ein entsprechendes Angebot. Mit Versicherungsschein vom 8. Dezember 2008 bestätigte der Kläger die - unveränderten - Vertragsinhalte ab 1. April 2009 (Tarif PNW+ monatlicher Beitrag 439,49 €, Tarif PVN monatlicher Beitrag 66,64 €; Beurkundungsgrund: Kündigungsrücknahme).

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2008 bewilligte das Kreissozialamt (im Folgenden KSA) als Grundsicherungsträger u.a. dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2009. Dabei wurden als Bedarf die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe von insgesamt 506,13 € monatlich berücksichtigt. Nachdem das KSA den Beklagten über die Möglichkeit eines Wechsels in den Basistarif der privaten Krankenversicherung informiert hatte, bewilligte es zunächst ab dem 1. April 2009 die Grundsicherungsleistungen in geringerer Höhe unter Berücksichtigung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nur noch bis zum Höchstsatz der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (Bescheid vom 11. März 2009). Mit Bescheiden vom 31. Juli 2009 hob das KSA wegen übersteigenden Einkommens (hinzugetretene Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sowie anzurechne...

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