Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des LSG an die Rechtsauffassung des BSG bei Zurückverweisung. Arbeitslosenhilfe. Verfügbarkeit. Student. Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. Aufhebung eines Verwaltungsaktes. grobe Fahrlässigkeit
Orientierungssatz
1. Hat das BSG die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, so hat das LSG seiner Entscheidung auch dann die verfassungsrechtliche Beurteilung des BSG zugrunde zu legen, wenn es von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Norm überzeugt ist; zu einer Richtervorlage ist es insoweit nicht befugt (vgl ua BVerfG vom 4.10.1983 - 2 BvL 8/83 = BVerfGE 65, 132).
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn erkennbar ist, daß sich das zurückverweisende Gericht ausdrücklich oder stillschweigend mit der Verfassungsmäßigkeit der Norm befaßt hat.
3. Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Immatrikulation ist objektiv maßgebend für den Beginn eines die Vermutung nach § 103a Abs 1 AFG und die Widerlegungsobliegenheit nach Abs 2 dieser Vorschrift begründenden Studiums, nicht dagegen das tatsächliche Einsetzen der Lehrveranstaltungen.
4. Hat die Behörde in ausgegebenen Merkblättern oder im Antragsformular deutlich und verständlich auf die Pflicht zur Anzeige aller Veränderungen gegenüber den im Antrag angegebenen Verhältnissen hingewiesen, so kann dem Betroffenen im Regelfall grob fahrlässiges Handeln iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 10 vorgeworfen werden (vgl ua BSG vom 29.11.1989 - 7 RAr 138/88 = BSGE 66, 103 = SozR 4100 § 103 Nr 47).
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird noch geführt wegen der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung über Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 01. Oktober bis 22. Dezember 1992 und über die Pflicht des Klägers zur Erstattung eines Betrages von DM 1.760,40.
Der 1952 geborene Kläger erlangte nach Besuch einer Wirtschaftsschule 1971 die Mittlere Reife. Nach seinen Angaben war er sodann im kaufmännischen Bereich beschäftigt, zeitweise auch selbständig tätig. Zuletzt hatte er 1985/1986 Beschäftigungen als Lagerarbeiter, Fotograf und Metallarbeiter inne. Der Anspruch auf das sodann bezogene Arbeitslosengeld war mit dem 20. Oktober 1986 erschöpft. Anschließend bezog der Kläger Alhi. Während dieser Zeit besuchte er das Abendgymnasium F (Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife vom 17. Juni 1992). In den jeweils im Monat Mai eingereichten Formanträgen auf Alhi war seit 1988 (ebenso nach Unterbrechungen des Leistungsbezugs in Anträgen vom Dezember 1989 und Oktober 1991) unter 5e die Frage enthalten: "Sind Sie Schüler(in) oder Student(in) einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte oder werden Sie in den kommenden Monaten eine solche Ausbildung beginnen oder fortsetzen?" Wenn ja, sei ein Zusatzfragebogen anzufordern und auszufüllen. Der Kläger verneinte die Frage jeweils. Von seiner Unterschrift war gedeckt die Erklärung, es sei bekannt, daß sofort alle Veränderungen anzuzeigen seien, die gegenüber den angegebenen Verhältnissen einträten; das Merkblatt für Arbeitslose habe er erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen.
Das Arbeitsamt F (ArbA) bewilligte zuletzt aufgrund des Antrags vom 12. Mai 1992, der wiederum die verneinte Frage 5e und die genannte unterzeichnete Erklärung enthielt, durch Bescheid vom 25. Mai 1992 Alhi für den mit 01. Juni 1992 beginnenden einjährigen Bewilligungsabschnitt mit einem wöchentlichen Leistungssatz (Leistungsgruppe A/Kindermerkmal 0) von DM 195,60. Die Leistung wurde letztmals am 03. Dezember 1992 für den zweiwöchigen Zahlungszeitraum vom 19. November bis 02. Dezember 1992 überwiesen.
Am 25. September 1992 schrieb sich der Kläger mit Wirkung zum 01. Oktober 1992 für das erste Fachsemester eines Magisterstudiums in Mathematik und Chemie an der Albert-Ludwigs-Universität F ein. Die Lehrveranstaltungen begannen am 12. Oktober 1992; der Kläger nahm an diesen jedoch nicht teil. Er stellte dennoch am 30. Oktober 1992 beim Studentenwerk F einen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Zu seinem Einkommen gab er an, er werde während des kommenden Jahres voraussichtliche Einnahmen aus Arbeitsverhältnissen in Höhe von DM 10.400,-- haben. Am 08. Dezember 1992 wurde dem ArbA seitens des Studentenwerks bekannt, der Kläger studiere seit 01. Oktober 1992. Die Zahlung der Alhi wurde eingestellt. Durch Bescheid vom 09. Dezember 1992 hob das ArbA die Bewilligungsentscheidung mit Wirkung ab 01. Oktober 1992 auf. Der Erstattungsbescheid bezüglich des bis 02. Dezember 1992 noch gezahlten Betrages von DM 1.760,40 erging unter dem 04. Januar 1993. Mit seinem am 23. Dezember 1992 beim ArbA eingegangenen Widerspruch legte der Kläger die Studienbescheinigung der Universität vor und machte geltend, er habe sich lediglich zu "studienfremden Zwecken" eingeschrieben, vorrangig um die gleichzeitig mit Vorlesungsbeginn einsetzenden Veranstaltungen des Akademischen Filmclub e.V. (vgl. in Fotokopie vorgelegten Mitgliedsausweis) besuchen zu können. Das ArbA wies den Kläger (Schreiben vom 01. Fe...