Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitgegenstand. Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfebedürftigkeit. Bedarfsgemeinschaft. Partner in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Lehnt der SGB II-Leistungsträger die Gewährung von Leistungen ab und lässt sich dem Bescheid zumindest konkludent (etwa durch Beifügung von Berechnungsbögen oder sog Horizontalübersichten für bestimmte Monate) entnehmen, dass sich die Ablehnung nur auf einen bestimmten Zeitraum bezieht, ist zulässiger Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nur der Zeitraum, für den Leistungen abgelehnt wurden.
Orientierungssatz
§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB 2 stellt nicht darauf ab, ob der Wille für ein gegenseitiges Einstehen tatsächlich subjektiv vorhanden ist (vgl LSG Stuttgart vom 22.3.2007 - L 7 AS 640/07 ER-B und LSG Hamburg vom 8.2.2007 - L 5 B 21/07 ER AS = NDV-RD 2007, 39). Entscheidend ist vielmehr, ob aus objektiver Sicht ein solcher Wille anzunehmen ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 2. Juli 2008.
Der Kläger ist 1958 geboren. Er ist als Rechtsanwalt zugelassen. Er erwarb im Dezember 2005 zusammen mit der am ... Dezember 1959 geborenen A. Z. (im Folgenden: Z.), die er seit 1998 kennt, je zur Hälfte Eigentum an einem Grundstück (205 qm) mit einem Einfamilienhaus (Wohnfläche: 128 qm) in S.. Das Grundstück ist belastungsfrei. Der Kläger wohnt seit dem 29. Dezember 2005 in diesem Einfamilienhaus zusammen mit Z. Der Kläger und Z. verfügen über ein gemeinsames Girokonto bei der n... Bank AG, auf das beide monatlich je 250,00 € einzahlen; von diesem Konto werden die laufenden Unterhaltskosten für das Haus beglichen. Die Nebenkosten betrugen im Jahr 2008 monatlich 65,13 € (Wohngebäudeversicherung jährlich: 247,38 €, Wasser/Abwasser jährlich: 212,00 €, Grundsteuer jährlich: 231,20 €, Abfallgebühren jährlich: 91,00 €), die Heizkosten monatlich 77,62 €.
Der Kläger bezog bis zum 23. Juni 2008 Arbeitslosengeld. Am 2. Juli 2008 beantragte er bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) Leistungen nach dem SGB II. Er legte eine zwischen ihm und Z. unter dem 20. Juli 2007 formulierte schriftliche Vereinbarung vor, wonach im Rahmen “unseres Zusammenlebens„ jede Partei ihre eigenen Konten führe und nicht berechtigt sei, über das Einkommen und Vermögen der anderen zu verfügen. Die Hauskosten würden hälftig geteilt. Jede Partei verwende ihr Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse und der Erfüllung eigener Verpflichtungen. Sie seien sich einig, dass keine gegenseitige Unterhaltspflicht bestehe. Jede Partei sei für sich selbst verantwortlich. Tatsächliche freiwillige Leistungen würden nicht erbracht. Sollte eine Partei in Not geraten, werde die andere auf keinen Fall finanziell einstehen. Aus vorgelegten Kontoauszügen des Klägers sind unter anderen Überweisungen an Z. am 15. April, 15. Mai und 16. Juni 2008 in Höhe von je 250,00 € (Dauerauftrag, Verwendungszweck: Gehalt), am 1. Juli 2008 in Höhe von 500,00 € (Verwendungszweck: Kontoausgleich) und 1.500,00 € (Verwendungszweck: Büroausbau) ersichtlich. Der Kläger gab zu dem Dauerauftrag an, dass es sich um die Überweisungen auf das gemeinsame Konto bzgl. der Hauskosten handele; der Verwendungzweck “Gehalt„ werde verwendet, weil Gehaltskonten bei der betroffenen Bank gebührenfrei seien. Zu den anderen Überweisungen an Z. gab er an, dass diese den Ausbau seines Anwaltsbüros beträfen. Es habe Streit darüber bestanden, ob dies gemeinsame Kosten oder von ihm allein zu tragen seien. Ursprünglich seien diese Kosten vom gemeinsamen Konto finanziert worden. Da der Ausbau seinen alleinigen beruflichen Interessen diene, hätten sie vereinbart, dass er die Kosten übernehme.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2008 forderte der Beklagte den Kläger zur Vorlage von Unterlagen über die Vermögens- und Einkommenssituation von Z. auf. Nachdem der Kläger die Ansicht vertrat, es liege keine Bedarfsgemeinschaft vor, setzte ihm der Beklagte fruchtlos eine Frist zur Vorlage der Unterlagen bis 20. August 2008 und wies ihn auf die Rechtsfolgen des § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hin.
Am 23. August 2008 führte der Außendienst des Beklagten einen Hausbesuch beim Kläger durch. Der Kläger gab gegenüber dem Außendienstmitarbeiter, im Hauptberuf Polizeibeamter, nach dessen schriftlichem Bericht an, “dass er nicht bestreite, mit [Z.] zusammen zu leben bzw. eine Beziehung mit ihr habe„. Dementsprechend verfüge man auch über ein gemeinsames Schlafzimmer. Außerdem verbringe man die Freizeit und den Urlaub gemeinsam, koche, was...