Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage bei fehlendem Rechtschutzbedürfnis durch Zeitablauf
Orientierungssatz
1. Zur Zulässigkeit einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG ist u. a. ein bestehendes Rechtschutzinteresse erforderlich. Hieran fehlt es u. a., wenn eine Klage selbst im Fall ihres Erfolgs für den Kläger keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann.
2. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn sich der angefochtene Bescheid wegen Zeitablaufs gemäß § 39 Abs. 2 SGB 10 erledigt hat. Ist ein von der Arbeitsagentur dem Kläger erteiltes befristetes Hausverbot zwischenzeitlich abgelaufen, so ist die erhobene Klage mangels eines bestehenden Rechtschutzbedürfnisses unzulässig, weil es sich mit Ablauf der Befristung erledigt hat.
3. Für eine etwaige Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Präjudizialität, Schadensersatz- oder Rehabilitierungsinteresse bzw. Wiederholungsgefahr erforderlich.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht ein durch die Beklagte erteiltes Hausverbot im Streit.
Der Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 28.03.2018 verhängte die Beklagte für den Zeitraum 01.04.2018 bis 31.03.2019 gegenüber dem Kläger ein Hausverbot für die Liegenschaften B. und S. in P. und ordnete gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) den Sofortvollzug an. Der Kläger habe durch sein unbeherrschtes, aggressives und drohendes Verhalten den Dienstbetrieb im Jobcenter P. nachhaltig gestört. Er habe als Bevollmächtigter von Herrn M.A. ein leistungsrechtliches Anliegen beim Ombudsmann des Jobcenters P. vorgebracht. Im Laufe des Gesprächs sei er nach und nach lauter geworden und für eine sachliche Besprechung nicht mehr zugänglich gewesen. Der Aufforderung, sich zu beruhigen und auf die Sachebene zurückzukehren, sei er nicht nachgekommen. Daraufhin sei er aufgefordert worden, das Zimmer zu verlassen. Danach habe er den Schreibtisch umgeworfen und dabei Möbel und die technische Ausstattung beschädigt. Ebenso sei Herr M.A. verletzt worden und habe zu einem Durchgangsarzt geschickt werden müssen. Dieses Verhalten könne zum Schutz von Mitarbeitern und anderen Kunden nicht geduldet werden. Zudem störe es die kraft Gesetzes übertragene Aufgabenwahrnehmung in erheblichem Maße. Da aufgrund des massiven Auftretens davon auszugehen sei, dass sich der Kläger auch zukünftig in gleicher Weise verhalten werde, sei die Erteilung eines Hausverbotes erforderlich und aufgrund der Befristung auf ein Jahr auch verhältnismäßig. Wegen der Schwere der Regelverletzungen sei es notwendig, das Hausverbot unverzüglich durchsetzen zu können. Damit solle zukünftig die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleistet werden. Daher werde die sofortige Vollziehung des Hausverbots angeordnet. Der Zutritt zu den Dienstgebäuden des Jobcenters sei dem Kläger ab 01.04.2018 unter folgenden Einschränkungen gestattet: 1. "Anliegensklärungen im Bereich der Leistungsgewährung finden nur nach vorheriger Terminvereinbarung statt. Ansprechpartnerin ist Frau H., die Sie unter Tel ... vorab erreichen können. 2. Anliegensklärungen im Bereich des Fallmanagements finden ebenfalls nur nach vorheriger Terminvereinbarung statt. Ansprechpartner ist Frau S., erreichbar unter ... 3. Bei vereinbarten Terminen melden Sie sich zuvor bei der Sicherheitsfachkraft im Eingangsbereich des Jobcenters P. im Erdgeschoss. Hilfsweise können Sie sich an die Mitarbeiter der Information wenden, die dann die Sicherheitsfachkraft herbeiruft. Sie werden anschließend zu Ihrem Termin begleitet." Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass bei Verstößen gegen das Hausverbot Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet werde.
Hiergegen legte der Kläger am 30.03.2018 Widerspruch ein und stellte beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 15 AS 1089/18 ER). Mit Beschluss vom 18.04.2018 lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Die Beschwerde wurde durch das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 3 AS 1454/18 ER-B) mit Beschluss vom 06.06.2018 zurückgewiesen, die Beschwerde hiergegen durch das Bundessozialgericht (BSG, B 14 AS 61/18 S) mit Beschluss vom 21.06.2018 als unzulässig verworfen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die hiergegen zum SG erhobene Klage (S 10 AS 2109/18) wurde durch den Kläger mit Schriftsatz vom 19.10.2018 für erledigt erklärt. Eine gerichtliche Entscheidung sei nicht ...