Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Dienstreise. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. besondere Gefahr. gefährliche Einrichtung. Weg zum Hotelzimmer nach einem Toilettenbesuch. Layover. Stewardess
Leitsatz (amtlich)
1. Der Weg zum Hotelzimmer nach einem Toilettenbesuch einer Stewardess während des Layover ist nicht unfallversichert, zumal wenn keine eigentliche Rufbereitschaft besteht.
2. Ein besonderer Gefahrenherd verwirklicht sich nicht, wenn eine Treppe verglast und beleuchtet ist, wenn sie über einen Handlauf verfügt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts H. vom 24. Mai 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Unfallereignisses vom 10. August 2008 als Arbeitsunfall streitig.
Die 1963 geborene Klägerin ist als Flugbegleiterin bei der Deutschen L. Aktiengesellschaft versicherungspflichtig beschäftigt. Am 8. August 2008 landete sie in Berlin und befand sich anschließend während des Layovers bis zum 10. August 2008 im Crewhotel “Sch.„. Am Unfalltag sollte die Klägerin die Arbeit um 16:00 Uhr aufnehmen und durch den Crewbus abgeholt werden (Unfallanzeige vom 19. August 2008, Bl. 13 V-Akte), wobei vor dem Abflug keine telefonische Rufbereitschaft für den Einsatz besteht (z. B. Änderung des Flugplans usw.), sondern bei einer Verschiebung des Abflugs entweder der zuständige Kommandant oder das Hotel informiert wird.
Nach dem Mittagessen begab sich die Klägerin gegen 14:50 Uhr vom Restaurant zu einem im 1. Stock befindlichen WC über eine im Foyer befindliche Treppe. Nach dem Toilettenbesuch ging die Klägerin die Treppe hinab, um anschließend ihr Hotelzimmer aufzusuchen. Auf der Treppe, die mit Zwischenpodesten aus Glas und auf der untersten Treppenstufe eingebrachten Halogenscheinwerfern mit Glasbeschichtung ausgestattet ist, rutschte sie aus und kam zu Fall. Hierbei zog sie sich einen Bruch des linken Mittelfußknochens V zu (Bl. 1, 13, 31, 61 f. V-Akte), wurde deswegen um 15:40 Uhr ärztlich behandelt und mit einem Gips versorgt.
Mit Bescheid vom 4. November 2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit der Begründung ab, die Klägerin habe sich zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht bei Verrichtung einer versicherten Tätigkeit befunden. Vielmehr habe der Weg von der öffentlichen Hoteltoilette zu ihrem Zimmer eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient und nicht in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Flugbegleiterin gestanden.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, Wege zur Nahrungsaufnahme während einer Dienstreise gehörten zu den Verrichtungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stünden. Denn die Nahrungsaufnahme solle den Versicherten dazu befähigen, seine Beschäftigung alsbald bis zum Schluss der Arbeitsschicht fortzusetzen. Dementsprechend gehöre bei Flugbegleitern der Weg zur Nahrungsaufnahme wie der anschließende Toilettengang während einer Dienstreise zu den Verrichtungen, die in ursächlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stünden, es sei denn, der Versicherte widme sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflussten Belangen.
Die Beklagte führte daraufhin Vor-Ort-Ermittlungen durch, besichtigte das Hotel, befragte den Geschäftsführer und fertigte Photographien des Eingangsbereichs sowie der Treppe am 20. August 2009 an (Bericht vom 21. August 2009, Bl. 142 ff. V-Akte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, zwar zähle der Weg zur Nahrungsaufnahme während einer Dienstreise zu den Verrichtungen, die im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stünden, welche den Versicherten in die fremde Stadt geführt habe. Widme sich der Versicherte hingegen rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht wesentlich beeinflussten Belangen, so entfalle der Versicherungsschutz. Hierzu gehörten u. a. Verrichtungen, die dem eigenen körperlichen Wohlbefinden dienten wie Nachtruhe, Notdurft, körperliche Reinigung. Ungeachtet des privaten Charakters einer Verrichtung könne bei Dienstreisen ein ursächlicher Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit bestehen, wenn die besonderen räumlichen Verhältnisse der fremden Übernachtungsstelle den Unfall wesentlich bedingt hätten, welche in ihrer besonderen Eigenart dem Beschäftigten während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wären. Insoweit müsse es sich aber um eine besondere, vom Üblichen abweichende Gefahrensituation handeln, mit welcher der Betreffende nicht habe rechnen können. Dies könne nach den Vor-Ort-Ermittlungen bei der Klägerin ausgeschlossen werden. Es hätten sich keine Hinweise darauf ergeben, dass bauliche Normen bei dem Bau der Treppe ggf. nicht eingehal...