Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Befreiungstatbestand. Anhörungspflicht. Befragung des Arbeitslosen. Sachaufklärungspflicht. Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge. Ermittlung des beitragsrechtlich relevanten täglichen Arbeitsentgeltes
Orientierungssatz
1. Die für die Heranziehung des Arbeitgebers zur Erstattung des Arbeitslosengeldes (§ 128 AFG) nach § 24 Abs 1 SGB 10 bestehende Anhörungspflicht bezieht sich nicht auf den Arbeitslosen, denn dieser ist nicht Beteiligter des Verwaltungsverfahrens iS von § 12 Abs 1 Nr 2 SGB 10, auch wenn ihm nach § 128 Abs 8 AFG im einzelnen geregelte Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten zukommen.
2. Die Befragung des Arbeitslosen im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 20 SGB 10 dient vielmehr der Vorbereitung der Entscheidung über die Erstattung Mängel der Sachaufklärung sind nach § 42 S 1 SGB 10 nur erheblich, wenn sie zu einem anderen Verfahrensergebnis führen könnten (vgl BSG vom 17.12.1997 - 11 RAr 61/97 = BSGE 81, 259 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5 und vom 19.3.1998 - B 7 AL 20/97 = DBlR 4451, AFG/§ 128; Beschluss vom 8.9.1999 - B 7 AL 92/99 B; BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 10 und LSG Stuttgart vom 8.10.1996 - L 13 Ar 2751/95 = Breith 1997, 633).
3. Zu den Voraussetzungen und Grenzen der Sachaufklärungspflicht tritt der Senat insbesondere den Ausführungen des 11. Senats des BSG in dem Urteil vom 21.9.2000 - B 11 AL 7/00 R = BSGE 87, 132 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10 bei, in dem ausgeführt ist, daß auch das Verfassungsrecht kein anderes Verständnis der Anforderungen an die Sachaufklärungspflicht gebietet.
4. Zum Nichtvorliegen von Befreiungstatbeständen nach § 128 Abs 1 S 2 AFG und von verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 128 AFG.
5. Wenn das Arbeitslosengeld nach der maßgeblichen Bestimmung des § 139 SGB 3 für sieben Wochentage gezahlt wurde, ist bei der Berechnung der nach § 128 Abs 4 AFG zu erstattenden Krankenversicherungsbeiträge das wöchentliche Bemessungsentgelt (SGB 5 § 232a) durch sieben zu teilen.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin der Beklagten nach der früheren Bestimmung des § 128 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) für die Zeit vom 24. Juni 1999 bis 30. April 2000 Arbeitslosengeld (Alg) und die auf diese Leistungen entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung zu erstatten hat (insgesamt 26.366,86 DM).
Die ... 1940 geborene Anneliese F (im folgenden F.), war seit 17. März 1986 als Montiererin bei der Klägerin beschäftigt. Sie ist bei der Betriebskrankenkasse B (BKK) krankenversichert. Am 17. März 1999 schloß die Klägerin mit der tariflich nur noch aus wichtigem Grund kündbaren F. einen Aufhebungsvertrag, durch welchen das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 31. März 1999 gegen Zahlung einer Abfindung von 23.000,-- DM beendet wurde.
Am 18. März 1999 meldete sich F., auf deren Lohnsteuerkarte für 1999 die Steuerklasse I/0 eingetragen war, beim Arbeitsamt Göppingen (ArbA) zum 01. April 1999 arbeitslos und beantragte Alg. Im Formantrag vom 22. März 1999 verneinte sie die unter den Ziff. 4b und 4c gestellten Fragen, ob sie vom Arzt arbeitsunfähig krankgeschrieben sei und ob ihre Vermittlungsfähigkeit nach Tätigkeiten oder Arbeitsstunden eingeschränkt sei. Die Klägerin gab in der Arbeitsbescheinigung vom 30. März 1999, in der für die letzten sieben Jahre des Beschäftigungsverhältnisses Unterbrechungen der Zahlung von Arbeitsentgelt für mehr als vier Wochen verneint sind, keine Gründe für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses an. F. habe in den bereits abgerechneten Lohnabrechnungszeiträumen März 1998 bis Februar 1999 insgesamt ein Bruttoarbeitsentgelt von 48.686,74 DM bei einer tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden erzielt. Nach Ablehnung der Leistung wegen Eintritt einer Sperrzeit (vom 01. April bis 23. Juni 1999 (Bescheid vom 27. April 1999) bewilligte das ArbA mit Bescheid vom 03. Mai 1999 Alg ab 24. Juni 1999 in Höhe von 333,69 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 940,-- DM, Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0); dieser Leistungssatz wurde bis 31. Dezember 1999 gezahlt, dann unter Anwendung der Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) -- Leistungsentgeltverordnung 2000 ab 01. Januar 2000 auf 342,02 DM wöchentlich (Bescheid vom 17. Januar 2000) sowie ab 29. Februar 2000 nochmals auf 344,68 DM (Bemessungsentgelt 950,-- DM, Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0) wöchentlich geändert (Bescheid vom 24. Februar 2000) und so bis zum 30. April 2000 gewährt. F., die am 18. März 1999 eine Erklärung nach § 428 SGB III abgab, bezieht seit 01. Mai 2000 von der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (vormals Landesversicherungsanstalt Württemberg) Altersrente für Frauen (Bescheid vom 15. Februar 2000).
Am 27. Oktober 1999 befragte das ArbA F. zu den Gründen der Beend...