Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Syndikuspatentanwalt. keine "durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Verpflichtung" zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung iS des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 bei Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg auf Antrag nach § 6 RAVersorgG BW
Leitsatz (amtlich)
Die auf Antrag begründete Pflichtmitgliedschaft einer sozialversicherungspflichtig beschäftigten Syndikuspatentanwältin im Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg ist keine "durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Verpflichtung" zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung iS des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rücknahme einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Beschäftigung der Klägerin als Syndikuspatentanwältin.
Die 1972 geborene Klägerin ist Diplomingenieurin und seit dem 01.04.1997 bei der Firma A-L Deutschland AG (zwischenzeitlich NS and N GmbH & Co. KG, im Folgenden: Beigeladene Ziff. 2) beschäftigt. Sie ist seit dem 24.03.2009 als Patentanwältin zugelassen und als solche auf ihren entsprechenden Antrag hin seit dem 01.08.2010 Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Beigeladener Ziff. 1). Laut „Anstellungsvertrag für den Führungskreis“ vom 16.03.2012 war Tätigkeits- bzw. Aufgabengebiet ab dem 01.04.2012 das eines „Director Patent Creation“. Laut Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 15.03.2016 wurde die Klägerin als Patentanwältin (Syndikuspatentanwältin) beschäftigt insbesondere mit der Aufgabe, das Unternehmen (inklusive gegebenenfalls verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 Aktiengesetz) in Angelegenheiten der Erlangung, Aufrechterhaltung, Verteidigung und Anfechtung gewerblicher Schutzrechte zu beraten und Dritten gegenüber verantwortlich aufzutreten sowie in Angelegenheiten, die zum Geschäftskreis des Patentamts und des Patentgerichts gehören, für das Unternehmen vor dem Patentamt und dem Patentgericht verantwortlich aufzutreten.
Mit Bescheid vom 24.05.2016 wurde die Klägerin von der Patentanwaltskammer nach Anhörung der Beklagten gemäß § 41b Abs. 1 Patentanwaltsordnung (PAO) zusätzlich als Patentanwältin (Syndikuspatentanwältin) bei der Beigeladenen Ziff. 2 zur Patentanwaltschaft zugelassen. Die Zulassung wurde der Klägerin am 12.07.2016 ausgehändigt. Mit Antrag vom 30.03.2016, bei der Beklagten eingegangen am 04.04.2016, beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI). Laut mitgereichter Bescheinigung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg vom 31.03.2016 war die Klägerin seit dem 01.08.2010 Mitglied im Versorgungswerk (wobei die Ankreuzmöglichkeit „Pflichtmitgliedschaft kraft Gesetzes seit ...“ handschriftlich korrigiert war in „Mitgliedschaft auf Antrag seit 01.08.2010 als Patentanwältin“). Es wurde ferner bestätigt, dass ab Beginn der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für Zeiten, für die ohne diese Befreiung Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen wären, einkommensbezogene Pflichtbeiträge analog §§ 157 f. SGB VI zu zahlen seien.
Mit Bescheid vom 07.09.2016 befreite die Beklagte die Klägerin von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung ab Zulassung als Syndikuspatentanwältin (12.07.2016). Die Entscheidung über den Antrag auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b SGB VI für den Zeitraum 01.04.2012 bis 12.07.2016 erhalte die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt.
Mit Schreiben vom 12.04.2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass man nach Überprüfung ihrer Angelegenheit festgestellt habe, dass sie mit dem Bescheid vom 07.09.2016 zu Unrecht mit Wirkung ab 12.07.2016 von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI befreit worden sei. Die Klägerin sei als Patentanwältin bei der Beigeladenen Ziff. 2 beschäftigt. Aufgrund dieser Beschäftigung in Baden-Württemberg könne keine Pflichtmitgliedschaft in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung bestehen. Da die Voraussetzungen von Beginn an nicht vorgelegen hätten, beabsichtige sie, den Bescheid vom 07.09.2016 nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen. Die Klägerin erhalte Gelegenheit zur Äußerung. Mit Schreiben vom 26.04.2017 wies die Klägerin darauf hin, dass für beschäftigte Patentanwälte in Baden-Württemberg das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg zuständig sei. Aufgrun...