Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Krankengeldanspruchs bei nicht fristgerechter Meldung der Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB 5 ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird. Dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.
2. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist entsprechend § 130 Abs. 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist. Die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB 5 treten unabhängig davon ein, ob den Versicherten ein Verschulden an dem nicht rechtzeitigen Zugang trifft, es sei denn, dass die Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruht, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen.
3. Bei der Ein-Wochen-Frist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB 5 handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Der Leistungsanspruch ruht bereits mit dem ersten Tag der in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benannten Arbeitsunfähigkeit.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.06.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 15. - 29.04.2018.
Der im Jahr 1987 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger war ab dem 02.02.2018 arbeitsunfähig erkrankt. Er erhielt deswegen von seinem Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und ab dem 16.03.2018 von der Beklagten Krankengeld i.H.v. täglich 64,49 EUR (brutto, netto: 56,47 EUR). Grundlage bildete (zuletzt) eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Dres. M. und F.-Sch. vom 09.04.2018, in der Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 14.04.2018 bescheinigt worden ist.
Mit einer (Folge-) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 16.04.2018 ist dem Kläger durch die Dres. M. und F.-Sch. Arbeitsunfähigkeit bis zum 01.05.2018 bescheinigt worden.
Mit Bescheid vom 02.05.2018 entschied die Beklagte, dass der Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld vom 15. 29.04.2018 ruhe. Sie führte hierzu aus, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14.04.2018 sei erst am 30.04.2018 und damit mehr als eine Woche nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit, bei ihr eingegangen.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 14.05.2018 Widerspruch. Er trug begründend vor, ihm könne kein Pflichtverstoß angelastet werden, er habe insb. wegen der Erkrankung seiner Mutter und deren Krankenhausaufenthalt unter einer erheblichen psychischen Belastung gestanden und sei deswegen selbst erkrankt. Ein Ruhen des Krankengeldanspruchs könne überdies allenfalls für die Zeit 15. - 22.04.2018 eingetreten sein, insofern sei die von der Beklagten angeführte Ein-Wochen-Frist zu berücksichtigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich binnen einer Woche zu melden. Da diese Meldefrist überschritten worden sei, könne für die Zeit bis zur Vorlage am 30.04.2018 Krankengeld nicht gezahlt werden; der Anspruch auf Krankengeld habe geruht. Bei der Wochenfrist handele es sich um eine Ausschlussfrist, bei der eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht möglich sei. Auch die angeführte psychische Belastung des Klägers durch die Erkrankung seiner Mutter rechtfertige keine abweichende Beurteilung.
Hiergegen hat der Kläger am 31.07.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, dass ihm eine etwaige verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht anzulasten sei, da er sich infolge der gesundheitlichen Situation seiner Mutter in einer besonderen Stresssituation befunden habe. Er habe, auch vor dem Hintergrund der eigenen Erkrankung und Problemen mit seinem Arbeitgeber, schlicht die Übersicht verloren. Nach der Rspr. des Bundessozialgerichts (BSG) rechneten Fristversäumnisse wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Versicherten in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen, weswegen der Anspruch auf Krankengeld nicht geruht habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte keine Karenzwoche berücksichtigt habe. In der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2019 hat der Kläger ein ärztliches Attest der Dr. M. vom 04.02.2019 vorgelegt, nach dem der Kläger ab dem 02.02.2018 durch die Erkrankung beider Elternteile einer extremen psychischen Belastung ausgesetzt gewesen sei, die zu einem schweren Erschöpfungssyndrom geführt hätte. Im Rahmen einer solchen Belastung käme es, so Dr. M., zu Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2018 hat sie vorgebracht, es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger i.S.d. Rspr. des BSG geschäfts- oder handlungsunfähig gewesen ...