Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Berufung. elektronischer Rechtsverkehr. Voraussetzungen einer formgerechten Berufungseinlegung
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer formgerechten Berufungseinlegung in elektronischer Form.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25. September 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft im Rahmen von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger steht im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II bzw. nunmehr Bürgergeld nach dem SGB II bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 21. Oktober 2022 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis 31. Mai 2023 und änderte diese mit dem Bescheid vom 17. Dezember 2022 in der Höhe aufgrund der Einführung des Bürgergeldes ab dem 1. Januar 2023 ab. Als Kosten der Unterkunft berücksichtigte der Beklagte dabei jeweils u.a. eine Grundmiete von 376,65 Euro. Am 19. Dezember 2022 legte der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 17. Dezember 2022 mittels einfacher E-Mail Widerspruch ein, da die Beiträge zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung 2023 höher seien und die berücksichtige Miete nicht der Realmiete von 450 Euro entspreche.
Mit Änderungsbescheid vom 1. März 2023 bewilligte der Beklagte dem Kläger ab dem 1. Januar 2023 höhere Leistungen aufgrund der Beiträge zur privaten Pflegeversicherung. Hiergegen legte der Kläger am 22. März 2023 mittels einfacher E-Mail von der Absenderadresse D1 Widerspruch ein, da die Kosten der Unterkunft falsch berechnet worden seien. Nach einem Hinweisschreiben vom 5. Mai 2023 hinsichtlich der einzuhaltenden Formerfordernisse und einer diesbezüglichen Fristsetzung bis zum 5. Juni 2023 verwarf der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2023 als unzulässig.
Hiergegen hat der Kläger am 24. Juli 2023 per De-Mail - mit einfacher Namenssignatur, ohne Absenderbestätigung und nicht qualifiziert elektronisch signiert - Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und insbesondere mitgeteilt, Kommunikation werde ausschließlich in elektronischer Form verarbeitet, Briefpost in papierhafter Form könne grundsätzlich nicht mehr verarbeitet werden. Absenderbestätigungen seien die Erfüllung eines Luxusbedürfnisses.
Das SG wies den Kläger im Rahmen der Klageeingangsbestätigung vom 24. Juli 2023 darauf hin, dass es für eine ordnungsgemäße (formwirksame) Korrespondenz mit dem Gericht bei Versand von einem De-Mail-Konto aus ohne qualifizierte elektronische Signatur sowohl der (einfachen) Signatur als auch der Absenderauthentifizierung (Absenderbestätigung) bedürfe. Werde eine formwirksame Klageerhebung nicht innerhalb der Klagefrist nachgeholt, so werde die Klage bereits aus diesem Grund nicht formwirksam erhoben und damit als unzulässig abzuweisen sein.
Am 28. Juli 2023 hat (vermutlich) der Kläger auf elektronischem Wege - ohne einfache Signatur sowie erneut ohne Absenderbestätigung und ohne qualifizierte elektronische Signatur - den Eingang eines Schreibens des SG bestätigt. Er hat ausgeführt, dass dieser Brief nicht bearbeitet werden könne. Briefpost werde grundsätzlich ausgeschlossen/vernichtet. Eine Übersendung auf elektronischem Wege werde hiermit verlangt.
Auf ein Anhörungsschreiben des SG vom 4. September 2023 an die Beteiligten zur vorgesehenen Entscheidung mittels Gerichtsbescheid hat der Kläger mit weiterer De-Mail vom 8. September 2023 - einfach, jedoch nicht qualifiziert signiert, ohne Absenderbestätigung - sein Vorbringen wiederholt und u.a. dahingehend ergänzt, dass nach § 65d Sozialgerichtsgesetz (SGG) für die Sozialgerichte aller Rechtszüge eine gesetzliche Pflicht bestehe, elektronisch zu kommunizieren. Auf § 65a Abs. 6 SGG sei sich noch nicht berufen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 25. September 2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei bereits nicht zulässig, da sie nicht formwirksam erhoben worden sei. Zwar sei für die Klage und auch für die weiteren Schriftsätze im Verfahren ein De-Mail-Konto verwendet worden. Aus den technischen Prüfvermerken des Gerichts ergebe sich jedoch, dass die Nachrichten per De-Mail ohne Absenderbestätigung versandt worden seien. Für eine ordnungsgemäße (formwirksame) Korrespondenz mit dem Gericht bei Versand von einem De-Mail-Konto aus ohne qualifizierte elektronische Signatur bedürfe es indes sowohl der (einfachen) Signatur als auch der Absenderauthentifizierung (Absenderbestätigung). Nachdem dieser Formmangel trotz ausdrücklichen gerichtlichen Hinweises nicht behoben worden sei, sei die Klage bereits aus diesem Grund als nicht formwirksam erhoben und damit unzulässig abzuweisen. Das Gericht sei im Übrigen auch nicht verpflichtet gewesen, die diesbezüglichen Hinweise dem Kläger auf elektronischem Weg zu übermitteln. Eine gesetzliche Pflicht des Gerichts, den elektronischen Kommunikat...